Hans-Heinrich Dieter

Wolfgangs Resterampe   (04.03.2015)

 

Ende letzter Woche hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble festgestellt, dass angesichts der Krisen und Instabilitäten in der Welt Deutschland künftig höhere Ausgaben für Verteidigung werde schultern müssen. Deswegen hat er der Bundeswehr mittelfristig ( ab 2017) mehr Geld in Aussicht gestellt. Schon solche ersten zarten Aussichten auf eine positive - wenn auch viel zu späte - Entwicklung für eine Steigerung der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr hat sicher vielen Verteidigungspolitikern Tränen der Freude in die Augen getrieben.

Die traurige Realität zum Wochenbeginn hält die Augen weiter feucht - aus Frust und Ärger. Das Geld, das das Verteidigungsministerium aufgrund von Lieferschwierigkeiten der Rüstungsindustrie 2014 nicht abrufen konnte, fällt aufgrund der Jährlichkeit des Bundeshaushaltes an den Finanzminister zurück und ist für die Streitkräfte verloren. Im Jahr 2015 sind die viel zu knappen Gelder verplant. Am Bundeshaushalt 2016 wird derzeit gearbeitet, die Bundeswehr kann aber nicht mit der dringend erforderlichen Aufstockung des Verteidigungsetats rechnen, denn der ausgeglichene Haushalt und die "schwarze Null" sind sakrosankt, aller Aggressivität Putins und allen Krisen zum Trotz.

Schäubles "tapfere" mittelfristige Ankündigungen hören sich dann aus dem Munde seines Sprechers Jäger schon ganz anders an. Demnach geht es dem Finanzministerium darum, ab 2017 "die richtigen Prioritäten zu setzen". Spielräume sollen hauptsächlich für Investitionen genutzt werden: "Und wenn darüber hinaus zusätzlich noch Mittel erforderlich sein sollten, um die innere und äußere Sicherheit in Deutschland zu gewährleisten, so werden wir auch das hinbekommen." Das klingt eher arrogant als großherzig!

Bis 2018 hat Schäuble nun schon Investitionen in Höhe von 10 Milliarden Euro - hauptsächlich für Kommunen und Verkehrsinfrastruktur - verplant. Wenn dann noch Geld übrig bleibt, könnten Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Entwicklungsminister Gerd Müller nach langem Anstehen an "Wolfgangs Resterampe" auch mit Zuwendungen rechnen, die Höhe ist natürlich resteabhängig! Das sind nicht gerade vernünftige Rahmenbedingungen für eine verantwortungsbewusste Planung verbesserter äußerer Sicherheit.

Es bleibt also bei der permanenten Unterfinanzierung. Die Streitkräfte werden weiter den Mangel und die Mängel in teilweise hohlen Strukturen verwalten sowie mit dem "flexiblen Verfügungsmanagement" und unzureichender Einsatzbereitschaft leben müssen. Für Frau von der Leyen soll allerdings gelten: "Deutschland wird sicherlich und vertragstreu seine Verpflichtungen gegenüber den Partnernationen in der NATO erfüllen."

Damit sieht es allerdings nicht so gut aus, denn Deutschland wird die der NATO gemachten Zusagen, jährlich mindestens 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in die Streitkräfte zu investieren, kurzfristig nicht und mittelfristig wohl auch nicht erfüllen. Und die "verbale" deutsche Bereitschaft, mehr Verantwortung in der internationalen Sicherheitspolitik übernehmen zu wollen, bleibt wohl längerfristig nicht kompatibel mit den realen Fähigkeiten der deutschen Streitkräfte. Und das heißt auch, diese Bundeswehr bleibt für den dringend benötigten Nachwuchs an qualifizierten Führungspersönlichkeiten wenig attraktiv.

Deswegen bleibt es richtig: Die deutsche Gesellschaft muss sich entscheiden, in welcher Quantität und Qualität sie Streitkräfte einsatzbereit halten will, die nötigenfalls für die Erhaltung unserer Werte, für Sicherheit und für unser Leben in Frieden und Freiheit, möglicherweise vermehrt im internationalen Rahmen eingesetzt werden sollen. Dementsprechend müssen deutlich mehr Haushaltsmittel geplant bereitgestellt werden, da reichen nicht die Brosamen, die von der Resterampe des Herrn fallen!

(04.03.2015)

 

 

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