Hans-Heinrich Dieter

Wo bleiben die UN?   (19.03.2014)

 

Die überwiegende Mehrheit der internationalen Staatengemeinschaft verurteilt die wiederholten Völkerrechtsbrüche Russlands in der Ukraine-Krise. Die USA verhängen Sanktionen, die EU hat in seltener Einmütigkeit die Stufe 2 der Sanktionen gegenRussland ausgelöst und Japan schließt sich mit Sanktionen an.

Putin zeigt sich wenig beeindruckt, hält großrussische Reden, bezeichnet die Krim als "untrennbaren" Teil Russlands und unterzeichnet den Vertrag, der die ukrainische Halbinsel zum Teil der russischen Föderation macht. Und es kommt zu ersten militärischen Zwischenfällen.

Vizepräsident Biden spricht von "Landraub", Kanzlerin Merkel kritisiert diese russischen Maßnahmen als illegal und die EU erkennt die "Annexion" der Krim durch Russland ausdrücklich nicht an. Und wo bleiben die Vereinten Nationen. Zwar verurteilte der Weltsicherheitsrat – gegen die Stimme Russlands, mit Enthaltung Chinas – also mit 13 von 15 Stimmen die Verletzung der Integrität der Ukraine, doch das war zu Beginn der Krim-Krise. Jetzt fehlen eindeutige Wertungen der UN.

Die Zurückhaltung der Vereinten Nationen ist natürlich verständlich, denn das mehrfach Völkerrecht verletzende Russland ist Vetomacht im Weltsicherheitsrat und an Vetomächten perlt Kritik der UN gelegentlich ab. Deswegen sollten die UN Maßnahmen ergreifen, die dem Rechtsbrecher Russland Grenzen aufzeigen. Die UN haben allerdings nur wenige Sanktionsmöglichkeiten. Jetzt ist aber eine gute Gelegenheit, sich von überkommenen Zwängen, Abhängigkeiten und Hindernissen zu befreien.

Der UN-Sicherheitsrat entspricht den politischen Realitäten von 1945. Die vor langer Zeit angestoßene Reform könnte jetzt neu diskutiert werden. Die Vereinten Nationen könnten deutlich machen, dass sie nicht länger gewillt sind, sich durch fortgesetzten und kaltschneuzigen Bruch internationalen Rechtes durch Russland verhöhnen zu lassen. Und die UN könnten zeigen, dass sie es nicht länger hinnehmen wollen, dass Vetomächte wie Russland an Frieden, demokratischen Werten und an humanitären Zielen orientierte Politik der internationalen Staatengemeinschaft blockieren und eine nicht mehr gerechtfertigte herausgehobene Rolle spielen.

Russland wählt derzeit den Weg der Konfrontation mit großen und wichtigen Teilen der Welt. Russland demaskiert sich als neoimperialistisch, skrupellos, und diplomatieresistent. Russland will wieder eine Supermacht werden - auf Kosten souveräner Staaten und Nachbarn - , stellt sich der zivilisierten Welt entgegen und scheint dabei auch vor einem neuen kalten Krieg nicht zurückzuschrecken. Russland hat das Vertrauen der westlichen Welt in seine Berechenbarkeit als Partner verloren. Damit wird eine neue Weltordnung erforderlich, denn Europa und die USA müssen jetzt ihr Verhältnis zu Russland von Grund auf neu definieren.

In dieser neuen politischen Gemengelage und angesichts der damit verbundenen sicherheitspolitischen Herausforderungen scheint es bessere Chancen zu geben, die für eine grundlegende Reform des Weltsicherheitsrates erforderliche Zweidrittelmehrheit der UN-Vollversammlung zu gewinnen. Eine solche Reform würde die Legitimität der UN deutlich stärken und Russland einen Preis seiner für die internationale Staatengemeinschaft inakzeptablen Politik aufzeigen.

(19.03.2014)

 

 

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