Hans-Heinrich Dieter

Vollmundige von der Leyen   (22.04.2018)

 

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 hatte der damals amtierende Bundespräsident eine intensive außen- und sicherheitspolitische Diskussion sowie eine öffentliche Debatte darüber angeregt, nach welchen Kriterien Deutschland sich zukünftig - auch militärisch - in der Welt engagieren will. Verteidigungsministerin von der Leyen und Außenminister Steinmeier stimmten in dieses hohe Lied gesteigerter deutscher sicherheitspolitischer Verantwortung ein und weckten vor der Fach-Community entsprechend hohe Erwartungen, denen man dann natürlich mit intensiver politischer Arbeit und letztendlich mit den erforderlichen hohen finanziellen Anstrengungen entsprechen muss.

Aber zwischen Reden auf der Münchner Sicherheitskonferenz und realer Politik in Berlin gibt es naturgemäß Unterschiede. Und wer große Erwartungen weckt, muss sich von europäischen und internationalen Partnern an der Umsetzung der Ankündigungen messen lassen. Und da wird Deutschland zusammen mit seiner vollmundigen Verteidigungsministerin gewogen und im Hinblick auf die geweckten Erwartungen als viel zu leicht befunden. Denn die politischen Voraussetzungen und die militärischen Fähigkeiten für ein stärkeres internationales Engagement sind bis heute noch nicht einmal im Ansatz geschaffen. Und die deutschen Streitkräfte, die man zur Wahrnehmung einer gesteigerten deutschen sicherheitspolitischen Verantwortung auch braucht, sind über die letzten 12 Jahre zu einem „Sanierungsfall“ kaputtgespart worden und derzeit nur eingeschränkt einsatzfähig. Da wird der eine oder andere zu Beginn der neuen Legislaturperiode Deutschland nicht zu Unrecht sicherheitspolitisches Maulheldentum attestieren!

Außenminister Heiko Maas machte nun einen Antrittsbesuch in den USA und warb dabei in New York auch für einen deutschen Sitz im UN-Sicherheitsrat.  Dabei präsentierte er beeindruckende Zahlen: Deutschland sei zweitgrößter Geldgeber und zweitgrößter Truppensteller bei Friedensmissionen der Vereinten Nationen. Da hat Maas seine Hausaufgaben wohl nur oberflächlich gemacht oder mit irreführenden Zahlen gearbeitet.

Richtig ist, dass Deutschland als Geldgeber so viel an freiwilligen Beiträgen zur humanitären Hilfe beiträgt, dass wir nach Berechnungen des Auswärtigen Amtes seit 2016 insgesamt auf Rang zwei der Geldgeber für die UN stehen.

Bei den Truppenstellern für Friedensmissionen liegt Deutschland im weltweiten Vergleich allerdings nicht auf dem zweiten Platz, sondern weit abgeschlagen auf dem etwas peinlichen Rang 34. Und ein eingeschränktes Engagement gilt auch für zivile Polizeikräfte. Von den 130 deutschen Polizisten im internationalen Einsatz dienen nach Regierungsangaben aktuell lediglich 23 im Rahmen der UN. Deutschland liegt damit auf Platz 46 der weltweiten Rangliste. Wenn man schon in der Sicherheitspolitik das Image eines „weltbesten Trittbrettfahrers“ (Ischinger) hat, dann sollte man den Versuch unterlassen, diesen Eindruck mit nicht belegbaren und irreführenden Zahlen zu korrigieren.

Ebenfalls im Zusammenhang mit den Bemühungen der Bundesregierung um einen Sitz im UN-Sicherheitsrat sieht Verteidigungsministerin von der Leyen in einem Interview mit dem sicherheitspolitischen Volksbildungsmedium „Bild am Sonntag“ zusätzliche militärische Aufgaben auf Deutschland zukommen, denn ein Sitz im Sicherheitsrat sei mit besonderer Verantwortung und Erwartungen verbunden und das reiche von humanitärer Hilfe bis hin zu militärischer Unterstützung (den militärischen Kampfeinsatz sieht vdL für Deutschland natürlich nicht als Teil des Spektrums, da sind wir „weltbeste Trittbrettfahrer“). Und gerade ein Land mit so hohem politischem und wirtschaftlichem Gewicht wie Deutschland müsse sich dieser Verantwortung stellen. Solche Vollmundigkeit schmerzt, denn die Ministerin weiß, dass im Koalitionsvertrag von einer gesteigerten und weltweiten deutschen sicherheitspolitischen Verantwortung keine Rede ist, dass „ihre“ Bundeswehr eine desolate Ausrüstungs- und Einsatzfähigkeitslage hat und personell unzureichend ausgestattet ist.  Und diese geradezu bemitleidenswerten Streitkräfte sind aktuell mit 3600 Männern und Frauen an vierzehn internationalen Missionen beteiligt. Und auch der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), glaubt wohlbegründet nicht, dass die Truppe dafür gut genug ausgerüstet ist. Bevor also Deutschland sich besonderer Verantwortung, die mit einem Sitz im UN-Sicherheitsrat verbunden ist, stellen kann, müssen die verantwortlichen Politiker und Parlamentarier ihrer Verantwortung für die Schaffung finanzieller Rahmenbedingungen zur raschen Wiederherstellung der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr gerecht werden. Da die Grundlagen dafür im Koalitionsvertrag, von der Ministerin mitverschuldet, nicht gelegt sind ergeben sich dafür allerdings keine positiven Prognosen!

Ansehen und Vertrauen hat die Ministerin in der Truppe bereits zu großen Teilen verloren. Mit ihrer substanzlosen Vollmundigkeit verspielt sie auch noch Reste ihrer Glaubwürdigkeit!

(22.04.2018)

 

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