Hans-Heinrich Dieter

Blamabler deutscher Verteidigungshaushalt   (03.04.2017)

 

Die Entwicklung des deutschen Verteidigungshaushaltes beweist im Zusammenhang mit der eingeschränkten Einsatzfähigkeit der Bundeswehr das unzureichende sicherheitspolitische Verantwortungsbewusstsein unserer amtierenden Politiker. Und die Diskussion im Zusammenhang mit dem Zwei-Prozent-Ziel der NATO ist in mehrfacher Hinsicht blamabel.

Das Bundeskabinett hat die Eckpunkte für den Bundeshaushalt 2018 und den Finanzplan des Bundes bis 2021 beschlossen. Der Etat für das Verteidigungsressort soll 2018 um nochmals 1,4 Milliarden Euro im Vergleich zu 2017 erhöht werden. Mit dieser Erhöhung hat der geplante deutsche Verteidigungshaushalt weiterhin lediglich einen Anteil von 1,23 Prozent, bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP), weil die Wirtschaft auch wächst. Im Zeitraum bis 2021 beläuft sich das Plus im Vergleich zu dem bisherigen Finanzplan insgesamt auf 8,3 Milliarden Euro.

Vereinbartes Ziel der NATO-Mitglieder ist es, bis 2024 die Verteidigungs-Ausgaben allmählich aber stetig bis auf zwei Prozent der jeweiligen Wirtschaftsleistung (BIP) zu erhöhen. Mit den jetzigen Planungen steigert Deutschland seine Investitionsmöglichkeiten in die Streitkräfte für 2018 zu geringfügig und das Plus von 8,3 Mrd. Euro im Zeitraum bis 2021 bleibt weit hinter den Vereinbarungen der NATO-Partner zurück. Deutschland wird mit dieser Planung in der NATO an Glaubwürdigkeit verlieren, insbesondere weil inzwischen auch die Partner wissen, dass die Bundeswehr ein „Sanierungsfall“ ist, der unter „planmäßiger Mangelwirtschaft“ leidet. Auch nach eigenen Aussagen von Verteidigungsministerin von der Leyen hat die Bundeswehr einen „riesigen Modernisierungsbedarf“ und der wird mit diesen Planungen bei weitem nicht zu decken sein, denn dafür bräuchte man einen jährlichen Aufwuchs um etwa 8 Milliarden Euro.

Frau von der Leyen bekräftigte, beginnend bei der Münchner Sicherheitskonferenz, deswegen ihrerseits ausdrücklich das Zwei-Prozent-Ziel auch für Deutschland: „Es ist richtig, weil die Bundeswehr dringend einen Modernisierungsschub braucht, und weil es schlicht ein Gebot der Fairness im Bündnis ist.“ Bundeskanzlerin Merkel hat die Zielsetzung - wie gewohnt undeutlich und verschwommen - ebenfalls gegenüber US-Präsident Trump bestätigt. Bundesfinanzminister Schäuble hält das Zwei-Prozent-Ziel der NATO für erreichbar und erklärte öffentlich: „Die sogenannte NATO-Quote haben wir von 1,18 auf 1.23 Prozent angehoben. Nun müssen wir uns weiter Schritt für Schritt in Richtung auf die Zwei-Prozent-Vorgabe zubewegen.“ Das ist eine starke positive Aussage des Finanzministers, der die jahrelange Unterfinanzierung der Bundeswehr maßgeblich mit zu verantworten hat. Aber positiv klingende Worte sind das eine, zu messen sind Politiker an den positiven Taten. Und wenn die bekannte „planmäßige Mangelwirtschaft“ der Bundeswehr überwunden werden und aus dem „Sanierungsfall“ wieder einsatzfähige Streitkräfte gestaltet werden sollen, dann ist der Bundeshaushalt 2018 mit dem Finanzplan des Bundes bis 2021 blamabel unzureichend ausgestattet! Außerdem ist festzustellen, dass sich Deutschland mit dem Verteidigungshaushalt und dem Finanzplan bis 2021 keineswegs „Schritt für Schritt in Richtung auf die Zwei-Prozent-Vorgabe zubewegt.“

Blamabel ist auch der Streit um die Erhöhung der deutschen Militärausgaben und die Kakophonie der Regierungsmitglieder. Außenminister Sigmar Gabriel hatte schon auf der Münchner Sicherheitskonferenz das Zwei-Prozent-Ziel der NATO als unrealistisch und wenig später die Verteidigungsministerin in dem Zusammenhang als „naiv“ bezeichnet. Der SPD-Außenminister scheint sicherheitspolitisch wenig gebildet zu sein, sonst wüsste er, dass dieses Zwei-Prozent-Ziel bereits 2002 von der NATO mit Zustimmung der damaligen Regierung Schröder-Fischer beschlossen wurde. 2014 hat die NATO diesen Beschluss auf dem Gipfel von Wales bekräftigt und 2016 in Warschau erneut bestätigt. Der damalige SPD-Außenminister Steinmeier hat diese Verpflichtung damals unterschrieben. Aber was jucken Gabriel Verpflichtungen und Vereinbarungen von gestern und vorgestern, wenn man heute schon sozialistischen Wahlkampf machen kann? So warnte Gabriel vor „einem deutschen Großmachtsstreben“, und vor einem deutschen „Militärbullen“ mitten in Europa. Und er bringt die SPD als „Friedenspartei“ ein: „Was es auf gar keinen Fall mit der SPD geben wird, ist Sozialausgaben zu kürzen, um Verteidigungsausgaben zu erhöhen“. Bei dem NATO-Gipfel der Außenminister hat Gabriel dann die Konfrontation mit US-Außenminister Tillerson gesucht und sich erneut massiv gegen die US-Forderung nach der vereinbarten Erhöhung der Ausgaben für die Verteidigung und gemeinsame Sicherheit gestellt. Deutschland wird durch diese unverantwortlichen „Wahlkampfaussagen“ des SPD-Außenministers an Glaubwürdigkeit verlieren und nicht mehr als ein verlässlicher Partner wahrgenommen werden. Die zerstrittene Vielstimmigkeit der deutschen Regierungsmitglieder bei dieser Thematik ist unprofessionell und blamabel. Bundeskanzlerin Merkel hat die Regierung nicht im Griff und wird ihrer Pflicht zur Wahrnehmung einer an den deutschen Interessen orientierten Richtlinienkompetenz nicht gerecht. Auch das ist blamabel.

Die Bundeswehr und der Verteidigungshaushalt sind als Wahlkampfthemen ungeeignet!

(03.04.2017)

 

 

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