Hans-Heinrich Dieter

Verteidigungsausschuss-Pflichten   (02.03.2018)

 

Ãœber die Bundeswehr wird seit einiger Zeit negativ berichtet. Im Zusammenhang mit der stark eingeschränkten Einsatzfähigkeit im Rahmen der NATO-Bündnisfähigkeit haben auch die Streitkräfte selbst in der Öffentlichkeit an Ansehen und Vertrauen verloren – zu Unrecht! Denn die Bundeswehr hat sich nicht eigenhändig zum „Sanierungsfall“ kaputtgespart. Es waren die jeweiligen Regierungen mit ihrer sicherheitspolitisch desinteressierten Kanzlerin und ihren glücklosen, unfähigen oder erfolglosen Verteidigungsministern/-innen, die sich zu wenig um eine ausreichende Finanzierung zur Erhaltung der Einsatzfähigkeit gekümmert und bemüht haben. Und der Deutsche Bundestag ist seiner Kontrollverantwortung nicht gerecht geworden und hat es zugelassen, dass seine Parlamentsarmee kaputtgespart und zu permanenter, ja teilweise grenzwertiger Mangelverwaltung gezwungen wurde. Deswegen sollte es nun im Interesse der geschäftsführenden Regierung und des Parlamentes sein, die Öffentlichkeit umfassend über Ursachen und Hintergründe dieses politischen Versagens aufzuklären und über die Planungen zur Wiederherstellung der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr sachgerecht und umfassend zu informieren.

Für die 3. Sitzung des Verteidigungsausschusses am Mittwoch, den 28. Februar 2018 sieht die Tagesordnung unter anderem folgende Informationen und Beratungen vor:
Tagesordnungspunkt 2:
Bericht des Bundesministeriums der
Verteidigung über die Lage in den
Einsatzgebieten der Bundeswehr
Tagesordnungspunkt 5:
Beratung der BMF-Vorlage Nr. 7/18
Rahmenvereinbarung über Unterstützungsleistungen für das Projektmanagement im Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (HHA-Dr. 18(8)4163);
Bericht des Bundesministeriums der Verteidigung an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages sowie Zustimmung zur weiteren Auftragserteilung ab 1. März 2018
Tagesordnungspunkt 6:
Beratung des Berichts des Bundesministeriums der Verteidigung zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr
Die Verteidigungsministerin war auch geladen Rede und Antwort zu stehen.

Offenbar fand die Sitzung der Tagesordnung gemäß statt. Die Öffentlichkeit wurde aber nicht informiert. Die Medien haben entweder kein Interesse an den sicherheitspolitischen Fragestellungen oder es gab zu wenig Skandalöses zu berichten.

Die Information zum Tagesordnungspunkt 2 ist Standard. Die in den insgesamt 13 Einsatzgebieten der Bundeswehr eingesetzten Soldaten leisten unter den gegebenen Rahmenbedingungen, mit teilweise eingeschränkt einsatzfähigem Gerät einen tadellosen Dienst und erfüllen den vom Parlament entschiedenen Auftrag.

Die Information, Diskussion und Entscheidung zu Tagesordnungspunkt 5 bieten schon eher Anlass zu Meinungsverschiedenheiten. Es geht um die stark eingeschränkte Befähigung des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) zur erfolgreichen Auftragserfüllung, denn die Beschaffungsbehörde der Bundeswehr hat massive Personalprobleme. Es fehlen Fachleute. Dieser Fachkräftemangel macht sich bei der Bundeswehr auch bei der Beschaffung von Rüstungsgütern bemerkbar: Projekte verzögern sich und werden sehr viel teurer, weil man externe Berater z.B. der Firma Ernst & Young (EY) zu horrenden Preisen verpflichtet hat.

Da würde es die Öffentlichkeit schon interessieren, wie es zu diesem Fachkräftemangel von etwa 20% kommen konnte, was unternommen wurde, um das Amt zu befähigen, seine hoheitlichen Aufgaben sachgerecht zu erfüllen und das Termin-, Risiko-, Projekt- und Qualitätsmanagement für Beschaffungen aus eigener Kraft zu leisten, ohne etwa 40 Millionen Euro für externe Berater auszugeben, und welche Planungen existieren, um die offenbar desolate Arbeits-situation in den Griff zu bekommen. Mit solchen Informationen könnte die Öffentlichkeit besser einordnen, warum die Ausrüstungslage der Bundeswehr teilweise so lückenhaft und schlecht ist. Und es interessiert natürlich, ob die neuerliche Auftragsvergabe an nun drei Beratungsfirmen zur Unterstützung bei 36 Einzelprojekten entschieden wurde. An einer solchen sachlichen Aufklärung sind aber die Medien naturgemäß wenig interessiert – zu wenig bad news!

Informationen zum Tagesordnungspunkt 6 sind natürlich angesichts der sehr negativen Feststellungen des Wehrbeauftragten Bartels in seinem Jahresbericht zur Einsatzbereitschaftslage der Bundeswehr von besonderer Bedeutung für die Öffentlichkeit. Hier wäre es wichtig zu erfahren, wie die Ministerin – über vollmundige Ankündigungen, stereotype Phrasen und unzureichende Festlegungen im Entwurf des Koalitionsvertrages hinaus – die Defizite in der Einsatzbereitschaft der Streitkräfte in welchen Zeiträumen konkret beseitigen will und welche Finanzmittel dafür auf der Zeitachse erforderlich sind. Und es wäre interessant zu erfahren, ob zumindest die CDU/CSU die gemeinsamen NATO-Vereinbarungen zu den erforderlichen Steigerungen bei Verteidigungs-investitionen bis 2024 erhalten will. Nichts von alledem erfährt die Öffentlichkeit nach der Sitzung des Verteidigungsauschusses und so bleibt es beim auch bauchgesteuerten Ansehens- und Vertrauensverlust der Bundeswehr.

Der Verteidigungsausschuss des deutschen Bundestages hat die Bundesregierung im Auftrag des Volkes – von dem bekanntlich alle Gewalt ausgeht – zu kontrollieren. Dieser Pflicht kommt der Ausschuss in den letzten Jahren nur unzureichend nach. Dieser Fachausschuss des Parlamentes hat aber auch eine Fürsorgepflicht gegenüber den Soldaten der Parlamentsarmee, die der Bundestag in die Einsätze schickt. Dieser Pflicht sind sich die Abgeordneten – über die üblichen banalen Fragestellungen bei Besuchen im Einsatzland – ganz offensichtlich nicht bewusst.

Man fragt sich, warum der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Wolfgang Hellmich (SPD) nach den Sitzungen nicht zu einer Pressekonferenz einlädt und die Medien über die weitergabefähigen Sach- und Diskussionsinhalte und über die getroffenen Entscheidungen unterrichtet. Wenn die Medien dann nicht nur über Skandale und Probleme, sondern über sicherheitspolitische Sachverhalte und Problemlösungen informieren, dann wären informierte Bürger sicher auch eher bereit, sich an einer öffentlichen sicherheitspolitischen Debatte zu beteiligen. Eine solche kultivierte – wenn nötig auch kontroverse – sowie sachverständige sicherheitspolitische Diskussion fehlt in Deutschland!

(02.03.2018)

 

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