Hans-Heinrich Dieter

US-Teilabzug?   (09.08.2019)

 

Die USA haben kurz vor der geplanten Europa-Reise von US-Präsident Trump ihre Drohungen wiederholt und noch verschärft, einen Teil ihrer Truppen aus Deutschland abzuziehen. Bei uns sind derzeit 35.000 Soldaten stationiert. Hinzu kommen 17.000 amerikanische Zivilisten, die von den US-Truppen beschäftigt werden.

US-Präsident Trump hatte schon vor dem NATO-Gipfel im Juli 2018 behauptet, dass Deutschland „der NATO und den USA riesige Summen an Verteidigungs-kosten“ schuldet, und dass er Deutschland nicht auch noch durch die Stationierung von US-Truppen „belohnen“ will.

Nun hat der US-Botschafter in Deutschland, Grenell, gegenüber DPA gesagt: „Es ist wirklich beleidigend zu erwarten, dass der US-Steuerzahler weiter mehr als 50.000 Amerikaner in Deutschland bezahlt, aber die Deutschen ihren Handelsüberschuss für heimische Zwecke verwenden.“

Grenell ist kein ernst zu nehmender Diplomat, sondern eher ein Trump-Wadenbeißer. Und von Trump darf man nun nicht erwarten, dass er im Sinne der Wertegemeinschaft NATO die sicherheitspolitischen Interessen der westlichen Welt gemeinsam und solidarisch vertreten will. Und man darf auch nicht erwarten, dass Trump die geopolitische und strategische Rolle der Bundesrepublik Deutschland für die USA und die gesamte westliche Welt in der Zeit des Kalten Krieges bis in die heutige Zeit versteht. Und diese geopolitische und geographische Bedeutung Deutschlands für die USA heute wird auch dadurch dokumentiert, dass die militärischen Operationen und Aktivitäten der US-Streitkräfte in den Nahen und Mittleren Osten, nach Afrika und nach Osteuropa hinein ohne die Stationierung in deutschen Standorten nur sehr eingeschränkt möglich wären. Und Trump weiß nicht oder übersieht gerne, dass die Bundesrepublik zur Wahrung solcher „US-Eigeninteressen“ für ein Drittel der amerikanischen Stationierungskosten in Deutschland aufkommt – und was wären die USA ohne Ramstein Air-Base? Aber Trump hat durchaus intelligente militärische Berater, auf die er vielleicht doch gelegentlich hört. Einer Truppenabzugsdiskussion sollten wir daher gelassen entgegensehen. Und wenn ein Teil der Truppen nach Polen verlegt wird, dann sind sie im Hinblick auf das Baltikum und das aggressive Russland sogar günstiger stationiert.

Und Trump verschweigt auch bei seinen hinkenden Verteidigungsinvestitions-Vergleichen, dass die hohen US-Verteidigungskosten nicht vornehmlich für die vermeintliche „Verteidigung Deutschlands“ ausgegeben wurden und werden, sondern in erster Linie für den Erhalt des Status der USA als einzige militärische Superpower der Welt, zum Erhalt des Gleichgewichts der globalen nuklearen Einsatzmöglichkeiten zwischen den USA und Russland und zum erforderlichen Ausbalancieren der Machtinteressen der aufstrebenden Pazifik-Supermacht China. Die USA investieren aber auch deswegen große Geldmengen in ihre Streitkräfte, um als Supermacht interventionsfähig zu bleiben. Ãœber ihren Verteidigungshaushalt finanzierten die USA auch ihre völkerrechtswidrige Intervention in den Irak mit den bekannten desaströsen Folgen und noch heute anstehenden Folgekosten.

Richtig an Trumps ständigem Lamentieren im Zusammenhang mit dem Zwei-Prozent-Ziel der NATO ist allerdings, dass Deutschland die 2014 gemeinsam vereinbarte allmähliche Erhöhung der Verteidigungsinvestitionen bis auf 2 Prozent des BIP bei weitem verfehlt und entsprechende Steigerungen nicht erkennbar sind. Vielmehr beweist die Entwicklung des unzureichenden deutschen Verteidigungshaushaltes im Zusammenhang mit der stark eingeschränkten Einsatzfähigkeit der Bundeswehr auch unseren NATO-Partnern ein unzureichendes sicherheitspolitisches Verantwortungsbewusstsein unserer amtierenden Politiker.

Deutschland sollte endlich seiner sicherheitspolitischen Verantwortung – nicht gegenüber den USA – sondern gegenüber der deutschen Bevölkerung und der NATO gerecht werden. Dazu muss die Bundeswehr bis 2031 wieder einsatzfähig gemacht werden – und das erfordert die allmähliche planbare Steigerung der Verteidigungsinvestitionen in Richtung des Zwei-Prozent-Zieles über 2024 hinaus!

(09.08.2019)

 

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