Hans-Heinrich Dieter

Unmoralisch, unverantwortlich, vertrauensunwürdig   (22.12.2018)

 

Bisher ist der krank wirkende Polit-Amateur Trump hauptsächlich durch beleidigendes und unverschämtes Auftreten bekannt geworden. Nun wirkt er sich als Präsident einer unmoralisch, unverantwortlich und vertrauensunwürdig erscheinenden westlichen Supermacht aus. Per Twitter kündigte er aus heiterem Himmel und gegen den Rat seines Verteidigungsministers – ohne Absprache mit Verbündeten – den Abzug der 2 000 US-Soldaten aus Syrien an und kurz darauf die Halbierung der 14 000 in Afghanistan eingesetzten US-Truppen.

Nun könnte man sich fragen: wen überrascht das wirklich? Denn die USA haben derzeit keine außenpolitischen Konzepte und keine sicherheitspolitischen Strategien, die den Namen verdienen. Vielmehr ist es sehr erschreckend, wie unqualifiziert sich die einzige verbliebene Supermacht in schwierigen politischen Fragestellungen einbringt. In Syrien sind die USA durch Russland an den Rand gedrängt und werden bei Friedensverhandlungen solange nicht ernst genommen werden können, wie sie keine wirklich erfolgversprechenden Zielsetzungen haben. Bei der nachhaltigen Bekämpfung des IS-Terrors mit der internationalen Koalition sind die USA auch nicht sehr erfolgreich, weil sie auch hier keine brauchbare Strategie verfolgen, Russland sich einer Koordination verweigert, und die USA versagen, wenn es darum geht, den „Partner“ Türkei bei der völkerrechtswidrigen Bekämpfung der kurdischen YPG in Nordsyrien im Zaum zu halten. Und in Afghanistan haben die USA zwar erkannt, dass ein Komplett-Rückzug angesichts der seit Ende 2014 deutlich verschlechterten Sicherheitslage mit ebenso vorhersehbaren wie inakzeptablen Risiken verbunden sein würde und deswegen eine neue US-Strategie für Afghanistan verkündet. Diese neue Strategie sah neben der Ausbildung der Sicherheitskräfte einen forcierten militärischen Einsatz von US-Kampftruppen und Spezialkräften in Afghanistan mit dem Ziel vor, die Terroristen unschädlich zu machen. Mit dem dann deutlich aufgestockten US-Truppenkontingent wurde aber Trumps wesentliches Ziel, „Terroristen zu töten“ nur wenig erfolgreich verwirklicht. Die Taliban haben vielmehr ihre Macht in Afghanistan deutlich ausgeweitet. Die USA sind unter dem Strich als Supermacht in Syrien, im Nahen und Mittleren Osten sowie auch in Afghanistan seit über einem Jahrzehnt weitgehend erfolglos und mit Trumps „Politik“ wird dieser Misserfolg Tag für Tag gesteigert!

Die politische Schlussfolgerung darf aber hier nicht lauten: Beendigung von Misserfolgen durch unverantwortlichen Rückzug aus der Verantwortung! Vielmehr muss die Entscheidung für eine bessere und erfolgreichere Politik im engen Zusammenwirken mit den Verbündeten fallen, denn die USA werden als Führungsmacht einer werteorientierten westlichen Welt weiterhin dringend gebraucht – auch weil die EU eine solche Rolle nicht übernehmen kann. Und in diesem Zusammenhang hat die plötzliche Rückzugsabsicht der USA aus Syrien und Afghanistan eine katastrophale Wirkung.

Bei einem Abzug der USA aus Syrien verliert die internationale Koalition zur Bekämpfung des bisher nicht besiegten IS ihre Führungsmacht, davon ist auch der deutsche Aufklärungseinsatz betroffen. Wenn die USA vor den Kontrahenten Russland, Iran und mit Abstrichen auch Türkei feige den Schwanz einziehen, dann verschieben sich die Machtverhältnisse im Nahen und Mittleren Osten zum Vorteil Russlands, des Irans und Assads sowie zum Nachteil Israels und der EU. Wenn die USA als bisherige Schutzmacht der Kurdenmiliz YPG ausfallen, die sie über Jahre im Kampf gegen den IS gebraucht und benutzt haben, sind diese der türkischen Übermacht sowie Präsident Assad und seinem Verbündeten Russland ausgeliefert. Die USA würden einem erneuten völkerrechtswidrigen Angriff Erdogans gegen die YPG im Norden und Nordosten Syriens Vorschub leisten. Insgesamt würde sich der massive Vertrauensverlust der USA noch deutlich verstärken.

Bei einem Teilabzug der USA aus Afghanistan würde sich das militärische Kräfteverhältnis erneut dramatisch verschlechtern, weil die afghanischen Sicherheitskräfte die Bevölkerung gegen die radikalislamistischen Taliban immer noch nicht wirkungsvoll verteidigen können. Darüber hinaus sind die Einsätze von Verbündeten in Afghanistan ebenfalls gefährdet, weil die US-Truppen in erheblichem Maße auch zur Sicherheit zum Beispiel der multilateralen Truppe unter Führung der Bundeswehr in der Region Mazar-e Sharif beitragen. Afghanistan würde dann wohl Zug um Zug den Taliban ausgeliefert und ins Mittelalter zurückfallen.

Trump sollte an sich alarmiert sein, denn seine Tweets bezüglich Syrien und Afghanistan wurden von Putin überschwänglich gelobt, von Erdogan begrüßt, von Teheran dankbar zur Kenntnis genommen und die Taliban feiern einen Teilsieg auf dem Weg zur Rückeroberung der Macht in Afghanistan. Die mehr oder weniger zaghaften Anmerkungen der westlichen Verbündeten und der NATO wird Trump nicht ernst nehmen. Er sollte sich aber den Inhalt – auch die deutlichen Aussagen zwischen den Zeilen - des Entlassungsgesuchs von Verteidigungsminister Mattis durch einen politisch sachkundigen Berater erläutern lassen. Sollte er dann den Inhalt dieses Schreibens verstanden haben, könnte er daraus lernen und seine Politik anpassen. Viel Hoffnung dürfen wir allerdings nicht haben, denn der 45. Präsident der USA hat sich als Führer der westlichen Welt und einzigen globalen Supermacht bisher als sehr ungeeignet erwiesen – denn bisher hat er Amerika nicht wieder groß macht, sondern Tag für Tag ein wenig kleiner!

(22.12.2018)

 

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