Hans-Heinrich Dieter

UN-Jubiläum   (22.09.2020)

 

Zu meinen Feststellungen hinsichtlich der Verabschiedung des Gründungsdokumentes der Vereinten Nationen in San Francisco habe ich nur wenig hinzuzufügen.

Der viel gebrauchten Floskel an einem Jubiläum, dass man die UN auch heute unbedingt erfinden müsste, wenn die Weltfriedensorganisation mit inzwischen 193 Mitgliedstaaten nicht vor 75 Jahren gegründet worden wäre, möchte man sicher grundsätzlich zustimmen, denn die Zielsetzung gemäß der UN-Charta

    Weltfrieden und internationale Sicherheit wahren

    alle Streitigkeiten friedlich schlichten

    freundschaftliche Zusammenarbeit zur Friedenssicherung fördern…

ist unverändert jede Anstrengung wert!

Wenn die Vereinten Nationen aber ihr Ziel weiter anstreben, die Welt zu verbessern und den Frieden zu sichern, dann müssen die schweren Geburtsfehler korrigiert und die UN grundlegend reformiert werden. Der „Völkerbund“ nach dem Ersten Weltkrieg ist gescheitert, die „Vereinten Nationen“, die mit ihren institutionellen Strukturen die politische Lage nach dem Zweiten Weltkrieg immer noch widerspiegeln, sollte nicht als „Schwatzbude“ an unserer heutigen, krisengeschüttelten globalisierten Welt scheitern. Dazu muss aber die Organisation den Realitäten unserer Zeit gerecht werden. Denn die Sieger des Zweiten Weltkrieges dominieren und blockieren über ihr Vetorecht im UN-Sicherheitsrat die Weltgemeinschaft immer noch. Diese „Sieger“ haben aber teilweise ihren moralischen Anspruch auf eine herausgehobene Stellung in der UNO verloren und befinden sich in einem neuen Kalten Krieg – wie derzeit Russland und die USA – oder in einem erbitterten Wettstreit – die USA und China - um die Vormachtstellung im Pazifik bzw. um die Stellung als Weltmacht Nr 1. Das beeinträchtigt die UN sehr stark.

Die Grundidee der UN ist der Multilateralismus. Der Multilateralismus ist aber auf dem Rückzug, Nationalismus und Unilateralismus sind auf dem Vormarsch. Unter den Rahmenbedingungen zunehmender Spaltung und Konfrontation werden die Vereinten Nationen ihre Aufgaben als Weltfriedensorganisation zukünftig nicht zufriedenstellend lösen können. Deswegen müssen ihre Strukturen an die politische, soziale und wirtschaftliche Realität des 21. Jahrhunderts angepasst werden, um effektiv zusammenarbeiten zu können. Kanzlerin Merkel hat erfreulicherweise in ihrer Grußbotschaft zum Ausdruck gebracht, dass die Vereinten Nationen sich weiterentwickeln müssten, um die globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts bewältigen zu können. Und sie hat hervorgehoben, dass Deutschland bereitstehe, weiter Verantwortung zu tragen, gerne auch in einem erweiterten Sicherheitsrat.

Die Probleme unserer globalisierten Welt sind so vielfältig und umfassend, dass sie nicht mehr durch Formate wie G7- oder G20-Gipfel gelöst werden können, sondern nur durch eine reformierte handlungsfähige Weltorganisation, die den heutigen politischen Realitäten gerecht wird. Denn was nützt eine eingeschränkt entscheidungs- und handlungsfähige Weltorganisation, die zum realen Wohl der Bürger dieser Welt nur sehr wenig beitragen kann?

(22.09.2020)

 

 

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