Hans-Heinrich Dieter

Türkisch-chauvinistisch   (24.02.2013)

 

Bundeskanzlerin Merkel besucht nach drei Jahren erneut die Türkei, erst die Soldaten der deutschen "Patriot"-Raketeneinheiten im osttürkischen Kahramanmaras und dann den Chauvinisten  Erdogan.

Mit dem unsinnigen Gerede des Schwaben Oettinger im Kopf, der neben Deutsch und Englisch auch anderes nicht kann, und dem selbstbewussten Gefühl im Bauch, die EU werde die Türkei bald mehr brauchen als die Türkei die EU, wurde ein Forderungskatalog an Frau Merkel vorab schon mal in die türkischen Medien lanciert. Der Katalog enthält dann auch zu erwartende Forderungen, die deutschen Sprachprüfungen für Türken wieder abzuschaffen, ebenso wie die Regelung, dass sich Deutsch-Türken im 23. Lebensjahr für eine Staatsbürgerschaft entscheiden müssen. Außerdem beschweren sich türkische Staatsorgane darüber, dass Kinder aus türkischen Problemfamilien von Jugendämtern deutschen Pflegefamilien zugewiesen werden. Und das Hauptanliegen von Erdogan wird thematisiert: Die EU solle endlich über die Aufnahme der Türkei in die EU entscheiden. Die EU lasse sich nicht länger hinhalten. Man will offensichtlich auf eine zeitliche Perspektive drängen und auf ein Beitrittsdatum.

Und wenn immer sich starkes Selbstvertrauen aufgrund wirtschaftlicher Erfolge mit ausgeprägtem türkischem Nationalbewusstsein paart, werden manche Vertreter der Türkei sehr schnell unangenehm und schwer erträglich. Ministerpräsident Erdogan ist ein Muster eines solchen Politikers. Deswegen wird das kein angenehmer Besuch für Kanzlerin Merkel.

Der Chauvinist Erdogan wirft sich immer wieder zum „Ministerpräsidenten auch der türkischstämmigen Deutschen“ auf. Wir müssen Erdogan deswegen bei jeder Gelegenheit darauf hinweisen, dass die Migrationsgruppe aus der Türkei die größte, die vielfältigste aber auch die Gruppe mit den größten Integrationsdefiziten ist. Sehr unerfreulich ist, dass 45% der türkischen Migranten keinen Schulabschluss haben. Das Abitur schafft nur jeder 14te. Nach der Schulzeit zeigen sich viele türkischstämmige Personen wenig bildungsbemüht und deswegen ist die Quote der ungelernten Arbeiter im Vergleich zu anderen Migrationsgruppen sehr hoch und 15 % leben von Hartz IV und belasten die Sozialsysteme auf Kosten der Steuerzahler. Die Ursachen unzureichender Schul- und Berufsabschlüsse sind in aller Regel mangelhafte Deutschkenntnisse. Und wenn es türkische Problemkinder aus türkischen Problemfamilien gibt, dann ist es doch wohl allemal besser, sie deutschen nicht-muslimischen Pflegeeltern zuzuweisen als in dem Milieu zu belassen. Und wer dauerhaft in unserer Gesellschaft leben will, der sollte sich auch dafür entscheiden, sein Gastland als Heimatland anzunehmen und es mitzugestalten. Wenn die Integration der türkischstämmigen Deutschen auf Dauer nicht besser gelingt, ist irgendwann die Mehrheit der Deutschen nicht nur gegen die Aufnahme der Türkei in die EU sondern auch gegen Türken in Deutschland. So weit darf es nicht kommen!

Die Europäische Union ist gebranntes Kind. Die EU hat Mitglieder wie Rumänien und Bulgarien an festgelegten Daten orientiert aufgenommen, ohne dass die Voraussetzungen erfüllt waren. Zur Aufnahme Zyperns hat sich die EU durch Griechenland erpressen lassen und bei der Aufnahme Griechenlands selbst in die Euro-Gruppe ist die Gemeinschaft einem Betrug und gefälschten Bilanzen aufgesessen. Die daraus resultierenden Probleme sind gravierend sowie bekannt und werden die EU noch lange stark belasten. Den Fehler, Aufnahmedaten festzulegen, sollte die EU nicht mehr machen.

Chauvinisten in der Türkei muss man auch immer wieder verdeutlichen, dass wir in Europa demokratische, freiheitliche und christliche Wertvorstellungen haben, denen ein EU-Mitglied auch entsprechen muss. Der am 10. Oktober 2012 veröffentlichte Fortschrittsbericht der EU-Kommission zur Entwicklung in der Türkei legt eindeutig inzwischen wieder gewachsene Defizite bei den Themen Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit offen. Diese Rückschritte sind möglicherweise auch dadurch zu erklären, dass bei starken Kräften in der Regionalmacht Türkei aufgrund der wirtschaftlichen Erfolge und des dadurch stark gewachsenen Selbstbewusstseins die Bereitschaft zum EU-Beitritt zum Erliegen gebracht wurde und zum Nachlassen bei den Anstrengungen um das Erfüllen von EU-Beitrittsnormen geführt hat. Chauvinistische Tendenzen passen nicht in die EU.

Die Europäische Union hat derzeit erhebliche Probleme mit der Finanz- und Schuldenkrise. Die EU muss sich reformieren und tragfähige Grundlagen für eine Wirtschafts- und Fiskalunion schaffen. Die EU muss sich weiterentwickeln, Renationalisierungstendenzen einiger Mitgliedstaaten entgegenwirken und zu einer tieferen Integration der Mitglieder finden. In einer solch schwierigen politischen Phase kann sich die EU nur um Mitglieder erweitern, die die Kriterien in vollem Umfang erfüllen und die bereit sind, sich vorbehaltlos in die Europäische Union zu integrieren. Mit den jetzt offengelegten Defiziten bei den Themen Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit verbietet sich eine Perspektive auf eine baldige EU-Mitgliedschaft. Das bedeutet nicht, dass die EU keine Anstrengungen unternehmen sollte, die in geopolitischer und wirtschaftlicher Sicht wichtige Türkei möglichst dicht an der Seite Europas zu halten, um gefährliche türkische Alleingänge in der krisengeschüttelten Region des Nahen Ostens nach Kräften einzuschränken.

Die Kanzlerin wird aufrechten Ganges in der Türkei eingetroffen sein und den unhöflich lancierten türkischen Forderungskatalog zum Wohle Deutschlands höflich aber bestimmt zurückweisen. Das entspricht ihrem Amt.

(24.02.2013)

 

 

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