Hans-Heinrich Dieter

Gemeinsame Terrorismus-Abwehr-Exercise   (06.03.2017)

 

Vom 07.- 0 9. März 2017 sind in sechs Bundesländern gemeinsame Stabs-Ãœbungen "GETEX" von Polizei und Bundeswehr für einen koordinierten „Einsatz bei einem Terroranschlag“ geplant. Gemäß "GETEX"-Szenario werden gleichzeitig in mehreren Großstädten schwere Anschläge verübt, wodurch es zu einer Ãœberforderung der Polizei kommt und die Bundeswehr Unterstützung leisten soll.

Grundsätzlich ist die Polizei für die Terrorbekämpfung im Inland zuständig. Und der Einsatz der Bundeswehr im Innern bei Terrorangriffen zur Unterstützung der Polizei ist umstritten - gerade auch bei großen Teilen der Polizei. 2012 hat das Bundesverfassungsgericht allerdings entschieden, dass in Extremsituationen mit katastrophischen Dimensionen und wenn die Polizeikräfte überfordert sind, ein Eingreifen der Bundeswehr im Innern grundsätzlich möglich ist. Die Bundeswehr darf dann Fähigkeiten bis hin zu militärischen Mitteln als Ultima Ratio einbringen. Damit ist auch hoheitliches Handeln durch die Soldaten der Bundeswehr im Inneren möglich.

Und wenn der Einsatz der Bundeswehr bis hin zu hoheitlichem Handeln durch höchstrichterliche Entscheidung möglich ist, dann ist es gut und richtig, dass die Bundeswehr bei dieser großangelegten Anti-Terror-Stabs-Übung in Deutschland erstmals eingebunden wird. Denn was nicht getestet, erprobt und geübt ist, klappt im Ernstfall nicht. Insbesondere weil die Verfahren und die technischen Möglichkeiten von Polizei und Bundeswehr unterschiedlich und oft nicht kompatibel sind.

Deswegen soll sicher vor allem die praktische Zusammenarbeit zwischen Polizei und Bundeswehr geübt werden. Es geht aber wohl auch darum, die Grenzen und Möglichkeiten der militärischen Unterstützung bei einer Anti-Terror-Lage im Innern auszuloten.

Solche Grenzen sind möglicherweise bei ad-hoc-Terror-Lagen schnell erreicht. Die Polizeikräfte von Bund und Ländern umfassen in Deutschland 300.000 Beamte. Die Bundeswehr verfügt über etwa 170.000 Soldaten, davon sind nicht wenige Kräfte durch zahlreiche Auslandseinsätze gebunden. Die

Truppenteile mit unterschiedlichen Fähigkeiten sind nicht flächendeckend in Deutschland stationiert. Es gibt zum Beispiel nur zwei Standorte mit ABC-Abwehr-Truppenteilen. Das schränkt eine schnelle Verfügbarkeit ein. Die Bundeswehr hat einsatzbereite hochleistungsfähige Spezialkräfte - an einem Standort in Deutschland - und die sind in Auslandseinsätzen teilweise gebunden. Die Bundeswehr ist auf Katastrophenhilfe vorbereitet, besonders mit Material und für die zivil-militärische Zusammenarbeit (ZMZ) ausgebildetem Personal, das in ZMZ-Stützpunkten, vorwiegend in den westlichen Bundesländern, bereitgehalten wird. Deswegen wird die Bundeswehr zur Unterstützung bei Anti-Terror-Lagen katastrophischen Ausmaßes wohl das an Unterstützung anbieten, was sie bisher auch bei akuten Katastrophenlagen eingebracht hat: Transport-Unterstützung, leistungsfähige mobile Sanitätseinrichtungen, ABC-Abwehr-Mittel und Notunterkünfte. Möglicherweise kann die Bundeswehr noch mit Objektschutz helfen, wenn militärische Sicherheitsbereiche eingerichtet werden können. Feldjäger werden wohl nicht zum Einsatz kommen, obwohl sie inzwischen für Auslandseinsätze Zugriffkommandos für Hausdurchsuchungen und Festnahmen aufgebaut haben, denn im Inland haben auch Feldjäger nur Jedermann-Rechte. Und das personelle und materielle Unterstützungsangebot findet auch dort Grenzen, wo die über Jahre unterfinanzierte Bundeswehr teilweise erhebliche personelle und materielle Defizite hat und deswegen nur bedingt einsatzfähig ist.

Die Erwartungen des Bundesinnenministers und auch einiger Innenminister von Bundesländern sind sicher hoch. Die Soldaten der Bundeswehr werden aber wohl trotz des Urteils des BVG von 2012 auch bei "GETEX" lediglich als "Hilfspolizei" oder als "Hilfskräfte" eingesetzt werden, mit der einzigen "hoheitlichen Herausforderung" von möglichen Einsätzen im Objektschutz.

Die Bundeswehr hat andere Aufgaben bei der Gewährleistung der äußeren Sicherheit und hier muss der Schwerpunkt liegen. In Zeiten verschwimmender Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit sowie größerer Terrorgefahr auch in Deutschland ist es aber gut und richtig, dass Kräfte der äußeren und der inneren Sicherheit gemeinsam Ernstfälle üben, denn es geht ja auch darum zu wissen, ob man über die jeweils dienstlich bereitgestellten Funkgeräte kommunizieren kann oder jeder sein privates Handy oder Smartphone nutzen muss. Die Auswertung der Übungserfahrungen von GETEX wird interessant werden.

(06.03.2017)

 

 

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