Hans-Heinrich Dieter

 

Stärkung des Generalinspekteurs? (31.03.2012)

 

Minister de Maizière hat am 21.03.2012 im Militärhistorischen Museum seinen "Dresdner Erlass" vorgestellt. Und die F.A.Z. schrieb prompt: "De Maizière stärkt Stellung des Generalinspekteurs weiter". Da freut man sich als Soldat, bleibt aber skeptisch und liest nach.

In seiner Rede zum Erlass sagt der Minister: "Die neue Struktur stattet den Generalinspekteur mit Mitteln und Befugnissen aus, mit denen er als ranghöchster Soldat tatsächlich und erfolgreich führen kann, um die ihm bisher schon gestellten Aufgaben zu erfüllen. Dazu wird der Generalinspekteur künftig als ranghöchster Soldat der Bundeswehr auch truppendienstlicher Vorgesetzter aller Soldaten in den Streitkräften sein." Außerdem ist der Generalinspekteur für die politische Leitung künftig alleiniger militärischer Ansprechpartner für alle Bereiche der Streitkräfte. Der Generalinspekteur hat damit Befugnisse vergleichbar einem Chief of Defence (CHOD), wie kein Generalinspekteur vor ihm. Er ist als Soldat gestärkt.

Diese erfreuliche und auch erforderliche Stärkung des Generalinspekteurs wird aber entscheidend beeinträchtigt durch die Unterstellung des GI unter die Staatssekretärebene. Dadurch wird das direkte Vortragsrecht des Generalinspekteurs beim Minister und als militärischer Berater der Bundesregierung eingeschränkt. Das ist mit dem Primat der Politik nicht zu begründen, sondern eher Ausdruck des gewollten Primates des Zivilen über das Militär.

Es wird als Stärkung der Stellung des GI gesehen, dass er Teil der Leitung sein wird. Das wäre tatsächlich eine Stärkung, wenn der Generalinspekteur nicht einem Staatssekretär unterstellt wäre. Der einem Staatssekretär unterstellte GI hat aber mit dem Status "Teil der Leitung" keinen Kompetenzzuwachs, sondern ist eher als der militärische Berater der Bundesregierung noch stärker in die politische Leitungsdisziplin eingebunden und damit als unabhängiger Berater geschwächt.

Man könnte auch knapp formulieren: Der Generalinspekteur ist als Soldat gestärkt aber als ministerielle militärische Instanz abgewertet. Und solange die Trennung der Artikel 87a und 87b nicht aufgehoben und die bundeswehrgemeinsame, militärisch/zivile Aufgabenwahrnehmung lediglich als Absicht formuliert ist und den Praxistest noch unter absehbaren Schmerzen zu bestehen hat, ist diese ministerielle Abwertung des Generalinspekteurs einer erfolgreichen Aufgabenwahrnehmung sehr abträglich.

Um die Bundeswehr scheint es außerdem nach Auffassung des Ministers nicht gut bestellt zu sein. Sonst kann man nicht verstehen, dass er glaubt, sein "Führungsverständnis" in epischer Breite und geradezu schulmeisterlich vor den obersten militärischen Führern unter Rückgriff auf selbstverständliche, auch in Gesetzen gefasste Grundlagen militärischer Führung ausbreiten zu müssen. "Wir brauchen wieder eine Organisationskultur, die diejenigen belohnt, die Mut beweisen und Verantwortung übernehmen." sagt der Minister. Warten wir ab, wie der Minister die belohnt, die den Mut zu vielfach berechtigter Kritik in der Sache aufbringen. Hoffentlich werden die dann nicht "zur Verantwortung gezogen".

Schon Minister Struck hatte mit dem Berliner Erlass 2005 die Stellung des Generalinspekteurs stärken wollen, ohne dass der damalige GI Schneiderhan den Mut und die Kraft gehabt hätte, den Zuwachs an Kompetenz auch zu nutzen und sich durchzusetzen. Wie sagt der Minister in seiner Rede, "Die Soldaten wollen mehr Taten als Worte." Bleibt zu beobachten wie die Worte des Dresdner Erlasses in erfolgreiches Handeln zur Erfüllung des Auftrages der Bundeswehr umgesetzt werden können.

(31.03.2012)

 

 

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