Hans-Heinrich Dieter

Richtige Signale an Putin   (03.06.2015)

 

Vor dem G7-Gipfel mehren sich die Stimmen, die dafür plädieren, Russland nicht länger international zu isolieren, weil man Russland geopolitisch noch braucht. Gazprom-Schröder hat den Ausschluss Russlands vom G-7-Gipfeltreffen kritisiert. Russland habe eine Alternative zu Europa, umgekehrt gelte das nicht, meint der Putin-Jünger. Der stark alternde Schmidt hat sich in ähnlicher Weise geäußert, Putin sei beleidigt durch die Tatsache, dass der Westen ihn seiner Vorstellung nach nicht ernst genug nimmt. Solchen Sozialdemokraten fehlt es offenbar an Wertebewusstsein sowie Selbstachtung und an der realen Einschätzung Putins.

Dabei hat Putin der Welt deutlich gezeigt, wozu das heutige Russland fähig ist. Er hat die Krim für den russischen Staat erobert, handstreichartig und ohne unmittelbare Verluste. Er kann die russische Schwarzmeerflotte freizügiger nutzen. Die Annexion der Halbinsel, auf der einst sowjetische Atom-U-Boote stationiert waren, ist also vordergründig ein großer strategischer Gewinn für Putin. Von ihr aus kann er das gesamte Schwarze Meer bis hin zur türkischen Küste kontrollieren. Wegen dieser widerrechtlichen Annexion der Krim ist Russland aus der G 8 wohl begründet ausgeschlossen worden.

Damit nicht genug, denn der ehemaliger "Partner" bricht mit einer Gemengelage von Waffenlieferungen und Unterstützungsmaßnahmen für Aufständische sowie Terroristen, mit verdeckt eingesetzten eigenen Spezialkräften, unter Nutzung prorussischer ethnischer Milizen, mit umfangreichen Geheimdienstoperationen und unterstützt durch eine großangelegte Propagandakampagne permanent internationales Recht, verletzt die territoriale Integrität eines Nachbarstaates und destabilisiert souveräne Staaten bewusst politisch und wirtschaftlich. Für Europa ist es da schwer, geeignete Antworten zu finden oder angemessene Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Der Aggressor Putin führt auch deswegen einen verdeckten Krieg in der Ukraine und hat bisher aus russischer Sicht gewonnen, weil die westliche Welt Putin und die nationalistischen Strömungen falsch beurteilt hat, über Gegenmaßnahmen unterschiedlicher Auffassung und deswegen nur zum Minimalkonsens fähig ist, einer pazifistischen Grundstimmung in den westlichen Gesellschaften folgt und aufgrund unserer Wertvorstellungen zu erfolgversprechenden Gegenmaßnahmen nur eingeschränkt bereit ist. Einem unmoralischen Aggressor mit ausgeprägter rechtsbrecherischer Energie sind wir im Westen politisch grundsätzlich unterlegen.

Doch Putin hat sich verkalkuliert als er annahm, dass der Westen nicht geschlossen reagieren würde. Der Westen hat Russland zunehmend politisch isoliert und der Ausschluss aus G8 ist nur eine der richtigen Maßnahmen. Putin hat die Europäische Union dazu getrieben, endlich außenpolitisch nachvollziehbar und abgestimmt zu reagieren. Die EU hat ihre Einheit wichtiger genommen als das Verhältnis einzelner Staaten zu Moskau und gemeinsam Sanktionen verhängt. Das ist nicht selbstverständlich. Umso wichtiger ist es, dass die gemeinsame Haltung der EU nicht aufgebrochen wird.

Denn der verdeckte russische Krieg in der Ostukraine geht aber weit über diese Region hinaus und betrifft uns sehr direkt und intensiv. Deswegen müssen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, die mit unseren Wertvorstellungen vereinbar sind. Wir dürfen Putins völkerrechtswidrige kriegerische Aktionen nicht einfach - mehr oder weniger - klaglos und wertevergessen hinnehmen. Putin versteht nur Klartext und konsequentes Handeln auf der Grundlage politischer Stärke. Lavierende Zugeständnisse wertet er als Schwäche des "dekadenten Westens".Und solche Schwächen nutzt Putin konsequent aus. Je schwächer wir agieren, desto weiter wird Putin seine Ziele in der verdeckten Kriegführung stecken und auch zu erreichen versuchen. Nur einem illusionslosen, einigen,starken und konsequenten Europa gegenüber, das politisch mit den USA an einem Strang zieht, wird Russland möglicherweise dann Zugeständnisse machen, wenn die russischen Verhältnisse sich zu stark nachteilig entwickeln. Dazu müssen wir mit der NATO hinlängliche Abschreckungsmaßnahmen ergreifen, die Wirtschafts-Sanktionen durch die EU umsetzen und immer dann verschärfen, wenn Russland die Vereinbarungen Minsk II hintertreibt oder bricht. Die USA müssen diesen Prozess durch ein eigenes mit der EU abgestimmtes Sanktionsregime verstärken. Es muss auch überlegt werden, ob man Russland noch weiter isoliert und z.B. aus der Gruppe G20 ausschließt. Und die Vereinten Nationen müssen über eine Reorganisation des Weltsicherheitsrates ernsthaft und intensiv nachdenken, wenn dieses wichtige Instrument der Weltpolitik nicht durch ständige Blockade Russlands paralysiert bleiben und wertlos werden soll.

Und die Maßnahmen der USA und der EU zeigen Wirkung. Die wirtschaftliche Lage Russlands ist schlecht. Der Verfall des Ölpreises, von Amerikanern und Saudis befördert, trifft Russland hart. Auch die Sanktionen machen der russischen Ökonomie schwer zu schaffen. Die Inflation ist sehr hoch, die Wirtschaft wächst nicht mehr und eine Rezession droht unverändert. Die Aussichten für das kommende Jahr sind eher düster.

Die westliche Welt ist also durchaus begrenzt erfolgreich und sollte konsequent an ihrer richtigen Politik gegenüber Russland festhalten. Dabei dürfen wir keine Angst vor möglicherweise negativen Auswirkungen einer konsequenten Verteidigung unserer Werte sowie der Interessen unserer Partner haben und solche Angst als Schwäche offenbaren. Für einen Neu-Aggressor und neustalinistischen Kriegstreiber wie den Neu-Russen Putin ist solche Schwäche sehr viel provozierender als Stärke.

Und der EU- Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) zeigt durchaus Stärke, wenn er als Reaktion auf die von Moskau verhängten Einreiseverbote für 89 europäische Politiker dem russischen EU-Botschafter Wladimir Tschischow sowie russischen Diplomaten und Duma-Abgeordneten nur stark eingeschränkten Zugang zum EU-Parlament gewährt und darüber hinaus die Zusammenarbeit im gemeinsamen Parlamentarischen Kooperationsausschuss aussetzt.

Richtig ist, wir brauchen Russland geopolitisch zur Lösung der vielfältigen Krisen in der Welt. Wir brauchen aber dafür ein Russland, das wieder als Partner der westlichen Welt kooperieren will und die vielen Dialogangebote nicht ausschlägt. Mit einem neo-stalinistischen und neo-imperialistischen Russland werden wir nicht erfolgreich zusammenarbeiten können, solange Putin den neuerlichen Kalten Krieg mit der westlichen Welt will. Diesen aggressiven Putin nimmt die westliche Welt sehr ernst. Russland hat als Alternative zu Europa China – ist aber dort nur Bittsteller und Juniorpartner. Europa hat als starke Alternative zu Russland die einzige Weltmacht USA. Ein illusionsloses, einiges,starkes und konsequentes Europa muss daher politisch mit den USA an einem Strang ziehen und die Sicherheitspolitik der NATO nach Kräften unterstützen. Dann werden Rahmenbedingungen zu schaffen sein, die eine Zusammenarbeit mit Russland wieder möglich machen. Das wird schwer werden und Zeit brauchen, unsere westlichen Werte und unsere Selbstachtung rechtfertigen aber diese politische Mühe! Der G7-Gipfel ist ein guter Anlass, um dieses Signal unmissverständlich an Russland zu senden.

(03.06.2015)

 

 

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