Hans-Heinrich Dieter

Politischer Aschermittwoch   (26.02.2020)

 

„Am Aschermittwoch ist alles vorbei…“, denn das närrische Treiben findet ein Ende, die Fastenzeit beginnt. So gesehen gibt es eigentlich keinen „politischen Aschermittwoch“, denn es ist nicht damit zu rechnen, dass das teilweise „närrische politische Treiben“ ein Ende findet und eine Zeit der Reflektion und der Regeneration beginnt. Politiker und Medien haben da zwar keinen Hohn und Spott verdient, wohl aber Kritik, die mit der Hoffnung geleistet wird, dass die so dringend erforderliche politische Weiterentwicklung dem Wohl der deutschen Bevölkerung dient.

Es ist sicher zutreffend festzustellen, dass Deutschland - jahrzehntelang ein Aushängeschild europäischer Stabilität - vor drastischen Veränderungen steht, wirtschaftlich, sozial und politisch. Die ersten beiden Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts war für Deutschland trotz der Finanz- und Euro-Krise im Vergleich mit unseren EU-Partnerstaaten eine Zeit wirtschaftlicher Stärke und relativer politischer Sicherheit. Das dritte Jahrzehnt scheint von fragiler innerer Sicherheit, von wirtschaftlicher Angst und von politischem Extremismus bestimmt zu werden.

Die beiden ersten Jahrzehnte sind von Großen Koalitionen aus CDU/CSU und SPD unter der Kanzlerschaft von Merkel geprägt worden. In dieser Zeit hat die deutsche Wirtschaft viel geleistet. Es wurden aber auch gravierende Fehler gemacht. Das Politikversagen der vom Deutschen Bundestag unzureichend kontrollierten Kabinette Merkels begann mit der unbegründeten und konzeptionslosen  Energiewende nach Fukushima und der auch von Deutschland nicht überzeugend bewältigten Euro- und Finanzkrise.

In die Zeit der zweiten Merkel-GroKo von 2013 an fällt die verantwortungslose Flüchtlingspolitik ab 2015, die sich bis heute zum erheblichen finanziellen und sicherheitsrelevanten Nachteil der deutschen Bevölkerung auswirkt sowie zu einem staatlichen Kontrollverlust geführt hat, der bis heute noch nicht behoben ist.

Die dritte Merkel-GroKo von 2018 an agiert kleinteilig, nicht auf der Grundlage von politischen Zielen, Visionen oder Konzepten, sondern basierend auf 296 im Koalitionsvertrag formulierten kleinteiligen Versprechen. Diese GroKo ist oft auch aufgrund dramatisch abstürzender Umfragewerte heftig zerstritten und nur wenig effizient.

Der Unmut und die Unzufriedenheit der Bürger über die Leistungen der GroKo und auch während der Kanzlerschaft Merkels sind also mehr als berechtigt. Und wer wie Merkel kürzlich verspricht, dass ab nun kein „Pillepalle“ mehr gemacht werden soll, hat in der Vergangenheit doch wohl sehr viel „Pillepalle“ zu verantworten! Vertrauensverlust und Politikerverdrossenheit der Bürger sind also eng mit Merkel verbunden. Denn wie in der Flüchtlingspolitik, ist Kanzlerin Merkel leider auch in anderen Politikfeldern planlos, konzeptionslos und kopflos. Deutschland weiß nicht, was es außen- und sicherheitspolitisch will. Die Bundeskanzlerin hat in der Außen- und Sicherheitspolitik die Richtlinienkompetenz, weiß allerdings auch nicht, was sie außenpolitisch wirklich will - außer auf Sicht fahren und dabei sein, möglichst ohne unangenehm aufzufallen und ohne Risiko. In der Ära Merkel hat Deutschland viel Vertrauen verloren und sich zum sicherheitspolitischen Trittbrettfahrer entwickelt. Deutschland redet immer großspurig von der Ãœbernahme von mehr globaler Verantwortung in der Außen- und Sicherheitspolitik und hat die Bundeswehr so heruntergespart, dass es bis 2031 dauern wird, bis die Streitkräfte die Einsatzfähigkeit in der Landes- und Bündnisverteidigung nach NATO-Kriterien wiedererlangt haben werden – vorausgesetzt, dass die mittel- und langfristige Finanzplanung das ermöglicht. Die bisherige Finanzplanung lässt einen solchen, dringend erforderlichen Erfolg nicht zu. „Außer großspurigen Reden ist nichts gewesen.“ So könnte man das außen- und sicherheitspolitische Verhalten des sicherheitspolitischen Zwerges Deutschland beschreiben!

Die Erfahrung mit den drei Großen Koalitionen aus CDU/CSU und SPD ist also ernüchternd und die politische Realität macht die Bürger eher unzufrieden, traurig oder gar wütend! Und als verantwortungsbewusster Staatsbürger kann man angesichts der relativ geringen Erfolge – gemäß Einschätzung von Merkel eher „Pillepalle“ - im Vergleich zum Politikversagen leider nicht stolz auf Deutschland sein!

Und die sich abzeichnende, von fragiler innerer Sicherheit, von wirtschaftlicher Angst und von politischem Extremismus geprägte Ära Deutschlands hat auch mit Merkel zu tun. In der langen Zeit ihrer Verantwortung als deutsche Kanzlerin und Parteivorsitzende der CDU hat sie die stabile Volkspartei der Mitte und der bürgerlichen Überzeugungen sozialdemokratisiert, sich den Grünen angebiedert, konservative und patriotisch eingestellte Parteimitglieder und Wähler verprellt sowie heimatlos gemacht und so einer rechtsorientierten bis rechtsradikalen Partei aus der Taufe geholfen. Das hat im Zusammenhang mit der unzureichenden Durchsetzung von Recht und Gesetz und mit der daraus erwachsenden Unsicherheit und Unzufriedenheit der Bürger zur Polarisierung und Spaltung der Gesellschaft geführt, die Debattenkultur ruiniert und auch politischem Extremismus den Weg bereitet. Dieses Problem muss durch eine zukunftsorientierte, neugestaltete, mutige und glaubhafte Politik gelöst werden. Dazu gehört auch ein besonnener und demokratischer Umgang mit der AfD!

Und in dieser schwierigen Zeit baut sich nun auch noch die zweite Volkspartei, CDU/CSU, zur Gerade-noch-Volkspartei ab. Und da sieht die offensichtlich „merkeltreue“ Hauptstadt-Journalistin Kristina Dunz von der Rheinischen Post im Zusammenhang mit der Bewerbung von Friedrich Merz „Merkels Erbe in Gefahr“! Und sie führt aus: „Denn das Lager der Mitte, der in der Partei und im Land weiterhin beliebten Kanzlerin Angela Merkel vertritt niemand so eindeutig wie der Ministerpräsident aus NRW. Die Partei braucht zusätzlich einen, der zumindest darum kämpft, ihr politisches Erbe zu verteidigen und weiterzuentwickeln. Wahlen werden in der Mitte gewonnen.“ Frau Dunz lebt offensichtlich in ihrer links/rot/grünen Mainstreamblase. Das „Lager der Mitte“ gibt es nicht wirklich in der CDU, denn die CDU hat mit der merkelschen Sozialdemokratisierung ihre „Mitte“ aufgegeben und teilweise diffamiert. Deswegen verliert die CDU auch zunehmend Wahlen, denn sie wird als beliebig wahrgenommen. Und „Merkels Erbe“ ist so kontaminiert, dass es nicht wert ist, verteidigt zu werden. Deswegen ist auch der lasche und merkelhörige Laschet nicht der richtige zukünftige Parteichef der CDU, denn mit seiner zögerlichen Unentschlossenheit könnte er nur „Weiter so“ und das kann eine CDU, die dringend eine Neuorientierung und einen Neuanfang braucht, nicht wollen.

Am Aschermittwoch ist leider noch nicht alles vorbei! Das teilweise „närrische politische Treiben“ wird - medial unterstützt - weitergehen. Da kann man nur hoffen, dass die verbleibende Zeit bis zum 25. April für programmatische Reflektion und intensive Vorbereitung des erforderlichen Neuanfangs genutzt wird. „Grottenschlechte Politik“ darf zum Wohle der deutschen Bevölkerung keine Zukunft haben!

(26.02.2020)

 

 

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