Hans-Heinrich Dieter

Peinliche Energiewende   (16.11.2020)

 

Kanzlerin Merkel hatte 2009 die Laufzeiten für Atomkraftwerke in Deutschland gut begründet verlängert, um zwei Jahre später Fukushima aus rein wahltaktischen Gründen zu benutzen, um die 180°-Energiewende - mit der EU nicht abgestimmt - unter Ausnutzung von Bürgerängsten zu entscheiden.

Da die AKW-Störfälle in Japan keine direkte Gefahr für Deutschland darstellten, Tsunamis in Deutschland nicht zu erwarten sind und unsere Kernkraftwerke einen anerkannt hohen Sicherheitsstandard haben, hätte man von den Bürgern durchaus Betroffenheit aber auch Gelassenheit erwarten können.

Gelassenheit ist - insbesondere beim Thema Kernkraft - angesichts der vielen "Wutbürger"-Aktionen, der Bereitschaft der Kernkraftgegner, Gewalt anzuwenden und Straftaten wie Landesfriedensbruch und "Schottern" zu begehen, und aufgrund der gezielten Panikmache durch Sozialdemokraten und Grüne wohl keine bemerkenswerte deutsche Tugend. Wir haben uns über die Zeit als Bevölkerung sehr wenig krisenfest gezeigt. Vielmehr ist inzwischen in Deutschland ein Phänomen vorherrschend, das unsere internationale Umwelt etwas höhnisch und spöttisch mit dem Begriff "German Angst" belegt hat. Und dann ist natürlich die Bevölkerung empfänglich dafür, wenn man ihr vorgaukelt, Deutschland sei mit dieser Entscheidung Vorreiter und Vorbild für Europa und die Welt – auch im Hinblick auf den Umweltschutz!

Und natürlich gehört den regenerativen Energien die Zukunft, deswegen muss die Atomkraft-Brücke bis zur gesicherten und hinreichenden Versorgung unserer Industriegesellschaft mit erneuerbaren Energien so kurz wie nötig und möglich sein. Aber Energie aus Wind, Wasser oder Sonnenkraft kann wegen der mangelnden Speicherfähigkeit und wegen der immer noch fehlenden ausreichenden Weiterleitungskapazität leistungsfähige, verlässliche und preiswerte Energie-Quellen wie die Atomkraft bis heute und auch nicht bis 2022 komplett ersetzen. Die Diskussion über Umweltschutz und Energieversorgung müsste ganzheitlich und an der Sache orientiert geführt werden. Aber die Diskussions- und Debattenkultur ist in Deutschland inzwischen ziemlich erbärmlich und die Bevölkerung lässt sich von Merkel bei schon mehreren Problemstellungen mit der Behauptung abspeisen, ihre Entscheidungen seien alternativlos! Und das wenig verantwortungsbewusste Parlament nickt dieses undemokratische Verhalten auch noch ab und winkt durch! Und so soll 2022 in Deutschland das letzte Kernkraftwerk, der Meiler in Neckarwestheim, vom Netz gehen.

Europa und die Welt sind dem deutschen Beispiel nicht gefolgt – im Gegenteil. Denn die Atomenergie erlebt derzeit weltweit geradezu eine Renaissance, angeführt von China, wo mit heutigem Planungsstand in den nächsten zehn Jahren 44 neue Atomkraftwerke ans Netz gehen sollen und in Russland sind es 25 neue Meiler. In Belarus wurde gerade ein von Russland gebautes Kernkraftwerk in Betrieb genommen, das kurz danach schon zweimal wegen technischer Mängel und Störungen abgeschaltet werden musste. Und um uns herum in Europa – teilweise in direkter Nachbarschaft - werden noch sehr viele sehr alte und störanfällige Atomkraftwerke betrieben und in Großbritannien sind etwa 20 neue AKWs in Planung. Europa und die Welt lachen über unsere lächerliche Energiewende zu Lasten der Bürger, die derzeit die höchsten Stromkosten - zumindest in Europa – zu tragen haben, zu Lasten unserer Wettbewerbsfähigkeit sowie zu Lasten unserer Möglichkeiten, die gesetzten Klimaziele zeitgerecht zu erreichen.

Und nun muss nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes die Entschädigung der Stromkonzerne für den Ausstieg aus der Atomenergie neu geregelt werden. Das ist eine grandiose Schlappe für die Große Koalition, eine schallende Ohrfeige für Merkel. Die Bundesregierung und der Bundestag haben Vattenfall und die anderen betroffenen Energieunternehmen durch den überhastet, plan- und konzeptionslos beschlossenen Atomausstieg in ihren Eigentumsrechten verletzt. Das 2018 beschlossene Entschädigungsgesetz existiert quasi nicht, weil die als Bedingung verankerte Zustimmung der EU fehlt, und die Entscheidung eines internationalen Schiedsgerichts steht auch noch aus! Das ist an Peinlichkeit kaum zu überbieten!

Das Urteil der Verfassungsrichter stellt aber leider nicht den Atomausstieg infrage, sondern brandmarkt die Regelungen zur Entschädigung der betroffenen Energiekonzerne als fehlerhaft. Da der finanzielle Ausgleich für bestimmte Kraftwerksbetreiber - acht ältere Anlagen wurden damals im Hauruck-Verfahren  sofort vom Netz genommen – komplett neu geregelt werden muss, ergreifen verantwortungsbewusste und intelligente Politiker vielleicht die Gelegenheit, den überhasteten Atomausstieg zu Lasten der Bürger zu überdenken, oder zumindest zeitlich zu strecken.

Es gibt keine einfachen Lösungen für die Energieversorgung unserer Industriegesellschaft unter Berücksichtigung des Umweltschutzes. Deswegen sollten die Politiker neu nachdenken, sachorientiert diskutieren und nach Prüfung von Alternativen die für die Zukunft Deutschlands beste Lösung parlamentarisch entscheiden!

(16.11.2020)

 

Bei Interesse an der Thematik lesen Sie auch:

http://www.hansheinrichdieter.de/html/alleineineuropa.html

http://www.hansheinrichdieter.de/html/einjahrnachfukushima.html

 

 

nach oben

 

zurück zur Seite Kommentare