Hans-Heinrich Dieter

NATO-Russland-Rat   (25.10.2013)

 

Ãœber zwanzig Jahre nach Beendigung des Kalten Krieges ist konfrontatives Denken zwischen der NATO und Russland nicht überwunden. Zwar arbeiten die NATO und Russland in der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik seit 1991 offiziell zusammen und im Mai 1997 wurde der „Ständige Gemeinsame NATO-Russland-Rat“ geschaffen, 2001 Informationsbüros und ständige Vertretungen wechselseitig eingerichtet sowie 2002 der gemeinsame Rat - auch auf Drängen Deutschlands - zum „NATO-Russland-Rat“ (NRR) weiterentwickelt, eine echte und fruchtbare Zusammenarbeit ist daraus aber nicht entstanden. Die Arbeit des NATO-Russland-Rates wurde vielmehr im Zusammenhang mit dem Georgienkonflikt 2008 auf Beschluss der Außenminister der NATO ausgesetzt und erst im März 2009 formal wieder aufgenommen. Die langjährige Permaeisschicht ist etwas angetaut, geschmolzen ist sie bisher nicht. Ein wirklicher Neuanfang der Beziehungen, der eigentlich nur durch Präsident Obama und Präsident Putin eingeleitet werden kann, ist bisher nicht gelungen. Um das Fühlen in den Kategorien des Kalten Krieges zu überwinden, müssten Obama und Putin - zusammen mit der NATO - beginnen, in neuen Kategorien wirklicher sicherheitspolitischer Kooperation zu denken. Dazu ist der Friedensnobelpreisträger Obama zu schwach, der "lupenreine Demokrat" Putin zu sehr in neo-totalitären Großrussland-Vorstellungen gefangen und die NATO intern zu wenig kooperationsfähig. Deswegen sind die Perspektiven wenig hoffnungsvoll.

Zum ersten Mal seit zweieinhalb Jahren traf sich jetzt in Brüssel der Nato-Russland-Rat im Rahmen der NATO-Verteidigungsminister-Tagung. Ein positives Zeichen. Die Verteidigungsminister der 28 Nato-Staaten wollten mit ihrem russischen Amtskollegen Schoigu über eine mögliche Zusammenarbeit in Militärfragen sprechen. Die entscheidende Kontroverse um die von Moskau abgelehnte Raketenabwehr konnte aber offenbar nicht überwunden werden. Ergebnisse der Tagung wurden von den Medien nicht aufgegriffen, weil es wohl keine gab. Von konkreter Zusammenarbeit in militärischen Fragen sind die Ratsmitglieder unverändert weit entfernt. Das liegt an der Politik und Interessenwahrnehmung beider Seiten. Ein Ergebnis ist die Unfähigkeit von West und Ost, ein so drängendes, humanitäres und auch schwerwiegendes Problem wie die Syrien-Krise gemeinsam anzupacken und einer zeitgerechten Lösung zuzuführen.

Dabei wird eine sicherheitspolitische Zusammenarbeit der NATO - und auch der Europäischen Union - mit Russland immer drängender und wichtiger, je mehr die zunehmend politisch desolate Führungsmacht USA an Ansehen, Vertrauen und Einflussmöglichkeiten verliert, sich zunehmend dem pazifischen Raum zuwendet und ihrer Führungsverantwortung im transatlantischen Raum nicht mehr gerecht werden kann oder will. Die NATO wird sich dabei aber nur maßgeblich einbringen können, wenn sie gemeinsam weiß, was sie sicherheitspolitisch nach Afghanistan an Verantwortung tragen und wie sie einer solchen Verantwortung mit einsatzfähigen Streitkräften gemeinsam gerecht werden will. Derzeit hat man eher den Eindruck als ob sich die NATO in einer Art Sinnkrise befindet.

Immerhin hat der NATO-Russland-Rat den Terroranschlag vom 21.10.2013 auf einen Linienbus in Wolgograd gemeinsam verurteilt. Als Neuanfang in der Zusammenarbeit zur Terrorabwehr kann das aber wohl noch nicht gewertet werden.

(25.10.2013)

 

 

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