Hans-Heinrich Dieter

NATO-Aufbruch!   (21.02.2021)

 

Beim Treffen der NATO-Verteidigungsminister hat Generalsekretär Stoltenberg auch das Reformprojekt „NATO 2030“ vorgestellt und diskutiert. Die Initiative dient der Ãœberarbeitung des strategischen Konzeptes der NATO und der besseren politischen Koordinierung durch leistungsfähigere Strukturen. Außerdem sollen Maßnahmen zur Abschreckung und Verteidigung künftig zumindest teilweise aus der NATO-Gemeinschaftskasse finanziert werden. Demnach müssten Bündnisstaaten nicht mehr alle Kosten selbst tragen, wenn sie sich zum Beispiel an der Stationierung von Truppen im Baltikum oder Luftüberwachungseinsätzen beteiligen. So soll die transatlantische Allianz zukunftsfähig gemacht werden. Dem vorliegenden Konzept werden sicher nicht alle Mitglieder so zustimmen wollen. Bis zum nächsten Gipfel der NATO-Staats- und Regierungschefs muss daher ein abgestimmtes Reformkonzept erarbeitet sein. Denn auf die neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen ist die NATO noch nicht gut genug vorbereitet - und die Zeit drängt.

Die NATO hat wohl schon mit Reformen begonnen und zum Beispiel ihre Fähigkeiten in der Cyber-Kriegführung inzwischen verbessert. Das Militärbündnis hat aber noch keine ausreichenden Fähigkeiten, sich an internationalen Anti-Terror-Einsätzen zu beteiligen. Und die NATO hat noch keinen Instrumentenkasten, um zum Beispiel russischer verdeckter und hybrider Kriegsführung zu begegnen. Man hat bisher auch noch nicht definiert, wann ein hybrider Angriff auf einen Mitgliedstaat Gegenmaßnahmen auf der Grundlage des Artikel 5 des NATO-Vertrages zur Folge hat. Solche Bemühungen um Weiterentwicklung der NATO reichen aber bei weitem nicht aus. Denn es gilt vor allem, die Einsatzfähigkeit aller Streitkräfte der NATO-Mitgliedstaaten für die Bündnisverteidigung nach Artikel 5 des NATO-Vertrages bis 2030/31 wiederherzustellen.

Russland stellt seit der Annexion der Krim und den Destabilisierungsoperationen in der Ukraine wieder eine „ernste Gefahr“ für die gesamte NATO dar und aus dem Aufstieg Chinas zu einer „durchsetzungsstarken Weltmacht“ ergibt sich die zweite Hauptursache für die Wiederkehr eines „geopolitischen Wettbewerbs“ und einer multipolaren „Systemrivalität“. Auf diese neue geopolitische Sicherheits- und Bedrohungslage muss sich die NATO mit ihren Mitgliedern auf der Grundlage des neuen Strategischen Konzeptes baldmöglich gemeinsam einstellen.

Die erste außenpolitische Grundsatzrede des neuen US-Präsidenten Biden und seine Ausführungen bei der virtuellen Münchner Sicherheitskonferenz 2021 haben gezeigt, dass in den Beziehungen zwischen Europa, der NATO und den USA ein Neustart möglich ist. Dieses Momentum muss genutzt werden, um die bestmöglichen Voraussetzungen zu schaffen, damit unsere regelbasierte und werteorientierte Ordnung, die derzeit von Russland und China untergraben wird, zu schützen.

Die wichtige Zusammenarbeit mit den USA muss aber neu gestaltet und das Vertrauen in die transatlantische Allianz erst wieder aufgebaut und gefestigt werden. Dazu sollten sich die europäischen NATO-Mitglieder stärker einbringen. Und solange eine “europäische strategische Autonomie” illusorisch ist und der „nukleare Zwerg“ Frankreich Europa keine hinreichende nuklearstrategische Sicherheit bieten kann, muss auch die EU sich insgesamt stärker engagieren. Wir brauchen zukünftig ein stärkeres und souveräneres Europa in der transatlantischen Allianz!

Deswegen müssen die europäischen NATO-Mitgliedstaaten zusammen mit der EU alle Anstrengungen unternehmen, um die USA mit ihrer nuklearen Zweitschlagskapazität im Transatlantischen Bündnis zu halten, denn nur die NATO mit den militärischen Fähigkeiten der USA kann mittelfristig die Sicherheit Europas gewährleisten. Oder mit den Worten von de Maizière (CDU): „Die NATO ist unsere Lebensversicherung.“ In diese Lebensversicherung müssen wir mehr investieren!

(21.02.2021)

 

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