Hans-Heinrich Dieter

Lobbyisten   (11.11.2013)

 

Informationsaustausch zwischen Verbänden, Unternehmen und Interessengruppen auf der einen Seite und der Politik ist normaler Bestandteil unseres politischen Systems. Solcher Lobbyismus ist aber anfällig für Korruption und sollte kontrolliert werden. Transparency Deutschland fordert deswegen die Einführung eines Lobbyisten-Registers. Auch die EU erwägt die Einführung eines solchen Registers, Österreich hat ein Lobbyisten-Register bereits im Januar 2013 eingeführt und macht nun die ersten Erfahrungen.

Mit einem solchen Register kann transparent gemacht werden, welcher Lobbyist wessen Interessen mit welchem finanziellen Hintergrund vertritt. Und da Geld ein Hauptbeweggrund von Lobbyaktivität ist, sollte für jedermann sichtbar sein, wer wem wie viel bezahlt, um seine Interessen durchsetzen zu helfen. Transparenz ist da sicher eine große Hilfe, aber Geld verdirbt halt auch die Charaktere und beim Charakter beginnen bekanntlich die Probleme.

Der Unionspolitiker Eckart von Klaeden war bis Ende Oktober Staatsminister im Bundeskanzleramt und hatte dadurch querschnittlichen Zugang zu ministeriellen Papieren und Regierungsvorlagen aller Art. Darüber hinaus hat ein Staatsminister im Bundeskanzleramt wie kaum ein anderer Politiker die Möglichkeit, sein Informations- und Kooperationsnetzwerk zu erweitern. Da wundert es nicht, dass Daimler diesen Politiker als Chef-Lobbyisten "aufkauft". Der Deal des Daimler-Konzerns mit von Klaeden wurde Ende Mai bekannt. Der Herr Staatsminister bat aber erst kurz nach der Bundestagswahl im September um seine Entlassung. Bis dahin hatte er hinreichend Gelegenheit, alle möglichen "nützlichen" Vorlagen und Papiere mit den Augen des zukünftigen Daimler-Lobbyisten einzusehen und zukunftsorientiert zu verarbeiten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen gegen von Klaeden wegen des Verdachts der Vorteilsnahme und gegen einen Daimler-Manager wegen des Verdachts der Vorteilsgewährung. Gut so!

Die Tätigkeit als Lobbyist ist aber auch immer eine Stil- und Geschmacksfrage. Von Klaeden ist bis Ende 2014 gewähltes CDU-Präsidiumsmitglied und wollte den Posten gerne behalten. So kann man natürlich auf einflussreiche CDU-Politiker und Parlamentarier auf kurzen Wegen und unauffällig hervorragend einwirken. Die Partei und ihre Vorsitzende haben in diesem ziemlich geruchsintensiven Fall halbherzig oder nicht agiert. Bisher haben CDU/CSU-Politiker eher abgewiegelt und den Berufswechsel von Klaedens als normal bis positiv dargestellt - allenfalls jetzt ein wenig gegrummelt. Und die Kanzlerin hat es versäumt, schon im Mai die umgehende Entlassung von Klaedens zu betreiben. Nun beugt sich von Klaeden dem starken öffentlichen Druck und legt seinen Sitz im CDU-Präsidium nieder.

Wo es Gesetzeslücken gibt, werden sie teilweise schamlos zum Nachteil des Gemeinwesens ausgenutzt. Wo es keine Regelungen gibt, die möglichem Schaden des Gemeinwesens oder einer Partei entgegenwirken, überwiegt häufig die wenig verschämte Wahrnehmung von Eigeninteressen. Deswegen sollten Regelungen geschaffen werden, die Politiker vor Fehlverhalten bewahren.

Im § 20a Soldatengesetz heißt es im Satz 1: "Ein Berufssoldat im Ruhestand oder ein früherer Soldat mit Anspruch auf Dienstzeitversorgung hat eine Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes, die mit seiner dienstlichen Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor seinem Ausscheiden aus dem Wehrdienst im Zusammenhang steht und durch die dienstliche Interessen beeinträchtigt werden können, vor ihrer Aufnahme schriftlich anzuzeigen. Die Anzeigepflicht endet fünf Jahre nach dem Ausscheiden aus dem Wehrdienst."

Dieses Gesetz macht es ehemaligen Soldaten schwer bis unmöglich, im Ruhestand für die Rüstungsindustrie zu arbeiten - von rigiden Zuverdienstgrenzen einmal abgesehen. Mit einer ähnlichen Regelung für Berufspolitiker hätte sich Ex-Bundeskanzler Schröder nicht als Gazprom-Lobbyist erniedrigen können, der Sozialdemokrat Kurt Beck wäre nicht in Versuchung gekommen, sich bei Böhringer als geldinteressierter Lobbyist zu verdingen, der ungelernte Arbeiter und aufgestiegene Grünen-Politiker J. Fischer würde nicht BMW beraten können (wie denn eigentlich?) - um hier nur wenige Beispiele zu nennen - und der CDU wäre die "skandalöse Peinlichkeit von Klaeden" erspart geblieben.

(11.11.2013)

 

 

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