Hans-Heinrich Dieter

Karsai (13.03.2011)

 

Am 12.03.2011 sagte  Präsident Karsai bei einem Treffen hunderter Stammesältester: „Ich bitte die Nato und die Vereinigten Staaten mit Ehre und Demut und nicht mit Arroganz darum, ihre Einsätze in unserem Land zu beenden“. Die erste Bauchreaktion wäre zu fragen: Warum erfüllen wir Karsai nicht unverzüglich diese arrogante Bitte? So einfach kann  die internationale Staatengemeinschaft es sich aber nicht machen und das weiß Karsai ganz genau.

Karsai ist auch intelligent genug zu wissen, dass die staatlichen afghanischen Strukturen und die heimischen Sicherheitskräfte noch nicht in der Lage sind, Recht, Ordnung und Sicherheit für die afghanische Bevölkerung zu gewährleisten. Was also will dieser afghanische Präsident erreichen? Will er, möglicherweise zum eigenen Vorteil, der Korruption Vorschub leisten? Will er Hindernisse für die umfangreichen und offenbar lukrativen Drogengeschäfte seines Bruders aus dem Weg räumen? Oder will er als schwacher Präsident mit unzureichender Legitimation nur den Stammesältesten opportunistisch um die langen grauen Bärte streichen?

Mit unserem westlichen Vorstellungsvermögen werden wir die Beweggründe allenfalls nur unzureichend nachvollziehen können. Was immer der Präsident im Schilde führt, das Wohl des leidgeprüften afghanischen Volkes hat er bei solchen Statements sicher nicht im Auge.

Natürlich ist es schlimm, wenn durch Waffenwirkung von NATO-Truppenteilen zivile, am Krieg unbeteiligte afghanische Bürger zu Tode kommen. Im Bürger-Krieg und insbesondere wenn Terroristen wie die Taliban sich schwer erkennbar unter das Volk mischen, lässt sich das aber leider nicht immer vermeiden. Und es ist sehr wenig hilfreich zu fordern, die NATO möge die radikalislamistischen Terroristen im Grenzgebiet Pakistans zu Afghanistan oder in von Karsai benannten Räumen, nicht aber in bewohnten Gebieten Afghanistans bekämpfen. Denn Bekämpfung der Taliban in Pakistan heißt Verletzung der Souveränität des Nachbarstaates und der Versuch, in von Karsai benannten geographischen Räumen gegen Taliban vorzugehen, würde ins Leere laufen, denn der korrupte Apparat hätte die Taliban längst gewarnt. Die Taliban nicht in den bewohnten Gebieten Afghanistans zu bekämpfen heißt, den Taliban das Feld zu überlassen und die Bevölkerung der menschenverachtenden Unterdrückung durch diese radikalislamistischen Terroristen preiszugeben.

Wenn die Taliban nicht erfolgreich bekämpft werden und wenn die internationale Staatengemeinschaft sich aus Afghanistan zurückzieht, ohne dass die Sicherheit der afghanischen Bevölkerung verantwortbar gewährleistet ist, fällt dieser Staat zurück in die Hände der Terroristen. Karsai macht also mit solchen Statements Politik gegen das Wohl des afghanischen Volkes. Das sollte die internationale Staatengemeinschaft ihm deutlich machen.

Politiker wie Karsai sind das Engagement deutscher Bürger nicht wert, das Wohl des afghanischen Volkes aber schon. Deswegen bleiben auch deutsche Soldaten im Auftrag des deutschen Bundestages dort im Einsatz bis die Übergabe der Verantwortung für die Sicherheit des afghanischen Volkes verantwortbar ist.

(13.03.2011)

 

Ergänzung:
Einem Bericht der UN-Kommission zufolge haben die Taliban ca. 75 Prozent der Verluste in der Zivilbevölkerung zu verantworten. Es ist nicht bekannt, dass Karsai die Stammesältesten aufgefordert hat, das Unwesen der Taliban in ihren  jeweiligen Verantwortungsbereichen nicht zuzulassen. Bezeichnend!

(14.03.2011)

 

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