Hans-Heinrich Dieter

Israelische Empörung   (21.07.2013)

 

Die Europäische Union ist durchaus zu abgestimmter Außenpolitik fähig. Die neuen Förderrichtlinien der Europäischen Kommission unterscheiden eindeutig zwischen Israel und den besetzten Gebieten. Dementsprechend dürfen nur israelische Projekte im Stammland Israel gefördert werden, nicht aber im besetzten Westjordanland, dem arabischen Ostteil Jerusalems und den seit 1967 von Israel besetzten Golanhöhen. Nur Waren aus Israel in den Grenzen von 67 dürfen zukünftig als Produkte Israels in die EU ausgeführt werden. Die EU macht damit deutlich, dass sie mit der Siedlungspolitik und der erkennbar unzureichenden Bereitschaft Israels, konstruktiv für Friedensverhandlungen auf der Grundlage einer Zweistaaten-Lösung einzutreten, nicht einverstanden ist. Die Europäische Union zeigt außerdem unzweifelhaft, dass sie sich von Politikern wie Netanjahu und Lieberman nicht hinhalten und an der Nase herumführen lässt.

Die Empörung vieler israelischer Politiker ist natürlich groß, gefühlsbeladen und äußert sich in der üblichen, oft anmaßenden Rhetorik. Dabei zieht die EU - anders als die USA - nur die Konsequenzen aus ihrer Politik und steht zu den seit Jahren gemachten Aussagen. Seit langem erkennt die EU die israelische Besatzung der Golanhöhen, des Westjordanlandes, des Gazastreifens und Ostjerusalems nicht an. Die Europäische Union hält außerdem die israelischen Siedlungen in den Palästinensergebieten für völkerrechtswidrig und illegal. Das haben die Außenminister der Union im Dezember 2012 bekräftigt. Israel kann also hinsichtlich dieser Entwicklung nicht überrascht tun, überrascht sind die israelischen Politiker allerdings sicher von der noch ungewohnt konsequenten Haltung der EU.

Wenn es ums Geld geht und Fördermittel der Europäischen Union als wichtigster Handelspartner Israels zum Teil ausbleiben werden, sollten israelische Politiker Gefühle verdrängen, Empörung überwinden sowie rational denken und handeln, wie die israelische Justizministerin Zipi Livni, die glücklicherweise in der Regierung auch für Verhandlungen mit den Palästinensern zuständig ist. Frau Livni hat schon sehr früh davor gewarnt, dass ein ungebremster Siedlungsbau und das Verschleppen neuer Friedensverhandlungen negative wirtschaftliche Folgen für Israel haben könnten.

Nun hat US-Außenminister Kerry erklärt, dass Israelis und Palästinenser kommende Woche in Washington ihre Verhandlungen wiederaufnehmen würden. Das ist ein schöner diplomatischer Erfolg und das Ergebnis intensiver und hartnäckiger Bemühungen der USA. Kerry wird von der westlichen Welt gefeiert und gelobt, ohne dass allerdings die konkreten Rahmenbedingungen solcher Verhandlungen überhaupt festgelegt und bekannt sind.

Und nun erklärt auch Bibi Netanjahu: "Eine Wiederaufnahme des Friedensprozesses ist im vitalen strategischen Interesse des Staates Israel" und er denkt dabei hauptsächlich an die "Herausforderungen", denen Israel im Zusammenhang mit der Entwicklung im Iran und in Syrien gegenübersteht. Und er denkt natürlich auch an die Kraftentfaltung des "Arabischen Frühlings". Und vielleicht hat ihn ja auch die Realpolitik der EU nachdenklich gemacht. Noch weiß man allerdings nicht, worüber genau bei den "Vorverhandlungen" der kommenden Woche gesprochen werden soll. Die Stimmen aus der israelischen Politik sind nur sehr verhalten optimistisch - man kennt sich. Bei den Äußerungen der Palästinenser schwingt sehr viel Skepsis mit und die Hamas im Gaza-Streifen spricht Abbas natürlich das Recht ab, für alle Palästinenser zu verhandeln. Dabei sollten sich alle freuen, dass zumindest der Versuch unternommen wird, den jahrelangen Stillstand im Nahost-Friedensprozess zu überwinden.

Die Realität wird die Verhandlungspartner wohl schnell einholen. Der Verhandlungs-Prozess wird sich wahrscheinlich über Jahre hinziehen. Und wenn Israel seine Siedlungspolitik nicht ändert, werden Erfolge ausbleiben. Die EU sollte solche Friedensbemühungen unterstützen, hauptsächlich durch die konsequente Israel-Politik, die sich jetzt abzeichnet und die sich 2014 bis 2020 real auch auf die Wirtschaft Israels auswirken wird.

Israel sollte nicht empört sein, sondern durch vernünftige, glaubhaft am Frieden in Nahost orientierte, Politik die zunehmende politische Isolierung überwinden.

(21.07.2013)

 

 

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