Hans-Heinrich Dieter

Internationale Vernunft (24.05.2011)

 

Völlig verkehrte politische Welt!

Eigentlich wollten die Politiker der schwarz-gelben Koalition nach ihrem total verkorksten Start Vertrauen zurückgewinnen, Politikerverdrossenheit abbauen, die Bürger mitnehmen, ihre Politik plausibel erklären und für vernünftige, zukunftsorientierte und dem Wohl der Bürger nützliche Lösungen werben. Nach Fukushima und der Landtagswahl Baden-Württemberg in Panik geraten, handeln die Koalitionsparteien allerdings vorwiegend irrational und hektisch. Statt das Programm und den politischen Kurs, für den sie vertrauensvoll gewählt wurden, verständlich zu erklären, vollziehen die Volksvertreter in Regierungsverantwortung ohne plausible politische Begründung opportunistisch und wendehälsig 180-Grad-Kursänderungen, um in höchstem Maße populistisch den Angst- und Bauchgefühlen der vielfach politisch unmündigen Bürger zu entsprechen, aber ohne das langfristige Wohl der Bürger Deutschlands im europäischen Rahmen im Auge zu haben.

Die CSU marschiert nach Maßgabe des widerlichsten der populistischen Unionsopportunisten Seehofer an der Spitze des vermeintlichen wählerwirksamen Fortschritts, gibt den letzten Verstand an der Starkbiertheke von Andechs ab und votiert für einen Atomausstieg 2022. Kanzlerin Merkel stimmt dem natürlich zu, weil sie die Unionsschwester im Boot haben und mit der Energiewende die nächsten Wahlen gewinnen will. Dabei übersieht die CDU-Vorsitzende, dass Wechselwähler nur zu einer Partei wechseln, die glaubwürdige, stabile und langfristig angelegte Politik zu machen verspricht. Wer grüne Politik will, wählt das grüne Original und nicht eine grünliche Kopie. Und Merkel nimmt nicht zur Kenntnis, dass sie mit ihrer Wendehals-Politik CDU-Stammwähler nachhaltig verprellt hat. Und dann messen wesentliche Politiker und die Mehrheit der Medien der niedrigklassigen "Kommunalwahl" in Bremen auch noch bundespolitische Bedeutung zu und verstärken die Hektik und die Grünfärbung der CDU/CSU. Ein Trauerspiel, das Politikverdruss erheblich fördert.

Dabei sollte Deutschland aufgrund seiner Größe und wirtschaftlichen Kapazität eine führende Rolle in Europa und der Europäischen Union spielen. Solange Deutschland aber eine isolierte, die Belange und Rahmenbedingungen anderer europäischer Staaten nicht berücksichtigende Politik betreibt, wird es seiner Verantwortung auch für Europa nicht gerecht. Das wird an der derzeitigen unsinnigen Energiepolitik (siehe: Alleine in Europa) besonders deutlich. Denn der Wettlauf um den schnellsten Atomausstieg in Deutschland bleibt ein politisch völlig unzureichendes Stückwerk, solange die europäischen Partner ihre Kernkraftwerke nicht überprüfbar und parallel einer stringenten gleichen Prüfung unterziehen und die Prüfergebnisse nicht Grundlage für Konsequenzen mit dem Ziel gleicher europäischer Sicherheit werden. Leider denken unsere Politiker vordringlich wahltaktisch und parteipolitisch anstatt ihrer Verantwortung gerecht zu werden.

Jetzt hat die Internationale Energieagentur (IEA) Deutschland vor einem Alleingang beim Atomausstieg eindringlich gewarnt. Im Interesse der Europäischen Gemeinschaft sollte die Bundesrepublik eine gemeinschaftliche europäische Entscheidung anstreben, "sonst werden Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit in ganz Europa geopfert". Deutschlands Politik betreffe angesichts des Energie-Binnenmarktes ganz Europa. "Es geht nicht um ein deutsches, es geht um ein europäisches Problem." Dieser Appell ist klar und eindeutig.

Es gibt auch in Deutschland einige wenige vernünftige Stimmen. Der bayrische FDP-Fraktionschef Thomas Hacker sagte abseits von Andechs "Vernünftige Menschen reden darüber, wie der Umstieg ermöglicht wird, nicht, wann er abgeschlossen werden kann und weil wir noch nicht wissen, ob und wie wir die durch den Atomausstieg entstehende Stromlücke bis 2022 schließen können, können wir gegenwärtig auch noch keine definitive Aussage über die Jahreszahl treffen." Und Wirtschaftsminister Rösler meint . "Der Ausstieg aus der Kernenergie muss mit Augenmaß umgesetzt werden und realistisch sein" unter Berücksichtigung der drei wesentlichen Kriterien: Sicherheitsstandards, Versorgungssicherheit und die Energiepreise.

Leider kümmern sich in Deutschland zurzeit sehr wenige Menschen um die Meinung der Liberalen und so werden vernünftige Stimmen zur Energiepolitik kaum Gehör finden. Leider ist Deutschland in der Frage des Atomausstieges auf den eigenen Bauchnabel fixiert und so wird der Appell der Internationalen Energieagentur verhallen.

Deutsche Unvernunft wird internationale Vernunft einfach nicht zur Kenntnis nehmen, denn die passt nicht in die deutsche grüne Landschaft und zur deutschen Angst.

(24.05.2011)

 

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