Hans-Heinrich Dieter

Illusionist Steinmeier   (22.04.2014)

 

Außenminister Steinmeier hat über Ostern die Androhung weiterer Sanktionen gegenüber dem doppelzüngigen und weiterhin provokativen Russland kritisiert: "Ich wünsche mir manchmal, dass dasselbe Engagement, das in der Sanktionsdebatte aufgebracht wird, auch bei der Vermeidung weiterer Zuspitzungen bestände." Und er fügt noch an: "Die Sanktionsdebatte haben wir doch in aller Ausführlichkeit geführt." - aber mit welchen realen Konsequenzen?

Steinmeier stellt sich damit in einer schwierigen politischen Phase, die die Einheit der westlichen Welt zwingend erfordert, gegen die USA, gegen die EU und gegen Verteidigungsministerin von der Leyen. Ob Steinmeier die richtlinienkompetente Kanzlerin konsultiert hat, ist nicht bekannt. Steinmeier scheint auf einem illusionsbeladenen Egotrip zu sein und aus dem Scheitern seiner "Wandel durch Handel"-Politik gegenüber Russland nichts gelernt zu haben.

Sicherlich richtig ist, dass der deutsche Außenminister für die Umsetzung der am Donnerstag in Genf zwischen der Ukraine, den USA, der EU und Russland getroffenen Vereinbarung eine schnelle Aufstockung der Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) fordert und dafür deutsche Unterstützung ankündigt.

Falsch hingegen ist seine Einschätzung der Vereinbarung von Genf. Er hält das Abkommen für eine "erkämpfte Chance zur Entschärfung des Konfliktes" und verkennt die reale, von massiver Propaganda begleitete Politk Russlands, weil er Putin immer noch vertraut und ihn durch die westliche Demokratie- und Wertebrille sieht und beurteilt. Steinmeier hält russische Außen- und Sicherheitspolitik offensichtlich weiterhin für berechenbar. Das ist eine Fehlinterpretation und gefährliches Wunschdenken. Real hat sich die Lage in der Ost-Ukraine durch anhaltende russische Provokation und zunehmende Spannungen verschärft und das liegt nicht an Sanktionsdrohungen sondern an fehlendem Druck auf Russland, tatsächlich friedensfördernd zu agieren.

Aus Sicht Putins sind die Ukraine und der Westen ihm in Genf weit entgegengekommen, warum sollte er da seine Politik ändern? Die Genfer Vereinbarung macht keine Aussage zur Annexion der Krim und zur Stationierung tausender russischer Soldaten nahe der ukrainischen Grenze. Damit akzeptiert der Westen die russische Völkerrechtsverletzung und die aggressive russische Drohgebärde. Auf dieser Grundlage kann Putin mit der "Ermächtigung" durch das russische Parlament für einen Einmarsch in die Ukraine im Rücken und einsatzbereiten Verbänden mit ca. 40.000 Soldaten an der Ostgrenze der Ukraine glaubwürdig drohen und Druck auf die ukrainische Übergangsregierung ausüben. Die Ukraine ist weiterhin der russischen Gas-Erpressung ausgesetzt. Putin wird die von Russland gewollte und orchestrierte Destabilisierung der Ukraine fortsetzen, bis er auf wirklichen politischen und wirtschaftlichen Widerstand der USA und Europas trifft. Der Preis von Sanktionen für die USA und die EU wird höher werden, je länger man harte Entscheidungen hinauszögert.

Vize-Präsident Biden ist in der Ukraine eingetroffen und hat wirtschaftliche Hilfsmaßnahmen im Gepäck. Die USA sind offenbar gewillt, zukünftig für die territoriale Integrität der Ukraine einzutreten. Es ist deswegen nicht auszuschließen, dass auch über militärische Unterstützung der Ukraine gesprochen wird. Wenn die USA angesichts einer wieder zunehmend uneinigen EU und eines illusionsgetrübten und hauptsächlich auf die eigene Wirtschaft fixierten Deutschlands zu solchen Maßnahmen greifen, dann wird es möglicherweise richtig gefährlich.

Der SPD-Außenpolitiker Annen meint dazu: "Ich sehe den harten neuen amerikanischen Ansatz mit großer Sorge, denn langfristig gibt es keine Stabilität ohne ein vernünftiges Verhältnis zu Russland." Wie aber kann man bei zerrüttetem politischem Vertrauen ein "vernünftiges Verhältnis" zu einem unvernünftigen, neoimperialistischen Russland aufbauen, das großrussischen Träumen nachhängt und bereit ist, das Völkerrecht für eigene Interessen zu brechen? Durch weitere Zugeständnisse und durch unwürdige politische Willfährigkeit des Westens wird Putin nicht zu stoppen sein. Ohne westliche Sanktionen wäre der Iran Ahmadinedschads heute Atommacht und die maßgebliche sowie Israel erdrückende Regionalmacht im Nahen Osten. Putin und Ahmadinedschad sind sich sehr ähnlich!

(22.04.2014)

 

 

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