Hans-Heinrich Dieter

Griechenlands Würde   (18.02.2015)

 

In der griechischen Mythologie war es die Aufgabe des Herakles, einen 30 Jahre nicht gereinigten Viehstall auszumisten. Keine leichte Aufgabe, denn es wird nur selten gelingen, gleich zwei Flüsse durch einen solchen Augiasstall zu leiten, um an nur einem einzigen Tag Erfolg zu haben. Deswegen hilft die Mythologie im Falle Griechenland nicht weiter, auch wenn der gesellschaftlich, politisch und wirtschaftlich angehäufte Schmutz das Beispiel geradezu aufdrängt. Im Falle Griechenland kann nur Hilfe zur Selbsthilfe nachhaltigen Erfolg bringen. Schlimm ist, dass Griechenland mit seiner Bevölkerung in unwürdiger Weise den Willen zur Selbsthilfe aufgrund von Selbstmitleid, Unfähigkeit oder auch Faulheit nicht erfolgreich aufbringt und die Schuld nahezu ausschließlich bei denen sucht, die Griechenland auch zu Lasten ihrer Steuerzahler helfen. Griechenland sieht sich geknechtet und seiner Würde beraubt. Richtiger ist, dass Griechenland im Laufe der Zeit einen Teil seiner Würde selbstverschuldet verloren hat!

Griechenland hat damals den Beitritt zur Währungsunion mit Lug und Trug erschmeichelt und herbeigeschwindelt. Das Land hat in den Jahren 1997 bis 1999 und auch danach in erheblichem Maße falsche Angaben über das staatliche Haushaltsdefizit an die Europäische Union gemeldet. Während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft (ab 1.1.99) unter der rot-grünen Regierung Schröder wurde dem Beitritt der griechischen Betrüger der Weg geebnet. Und die EU hat sich mit frisierten griechischen Bilanzen und tumber deutscher Schützenhilfe hereinlegen lassen. Am 14. Dezember 1998 sagt der - wohl unwissende - deutsche Außenminister Joschka Fischer auf dem Athener Synthagma-Platz doch tatsächlich: „Wir sind besonders froh über die wirtschaftlichen Erfolge Griechenlands und die Anstrengungen, die unternommen werden, sowie über die Fähigkeit Griechenlands, dem Euro beizutreten.“ Ein Staat, der sich unsolidarisch Vorteile erschleicht, verhält sich unwürdig! Die damalige deutsche Unterstützung bei ihrem Betrug vergessen die Griechen heute gerne.

Inzwischen steht Athen bei den Euro-Partnern mit 240, davon bei Deutschland mit 63 Milliarden Euro in der Schuld. Bei einem Besuch 2012 in Berlin und danach in Paris versprach der damalige Ministerpräsident Samaras, sein Land werde sich politisch, wirtschaftlich und sozial verändern sowie die geforderten Reformschritte umsetzen, um aus der Krise herauszukommen. Er versprach außerdem, dass Griechenland sämtliche Hilfskredite zurückzahlen wird, und ergänzte:

„Das garantiere ich persönlich!“. Für wie glaubwürdig hält sich Samaras, der ja mit seiner Partei und als Mitglied der korrupten griechischen „politischen Klasse“ den politischen, strukturellen, wirtschaftlichen und sozialen Niedergang Griechenlands in starkem Maße zu verantworten hat? Der linksradikale Tsipras hingegen forderte bereits 2012, dass Griechenland den größten Teil seiner Staatsschulden nicht zurückzahlen muss, und der hatte schon damals einen zunehmend großen Teil der griechischen Bevölkerung hinter sich. Griechenland hat schon 2012 erpresserisch darauf spekuliert, dass Deutschland, die EU und der Internationale Währungsfonds es nicht wagen, ihr Land in die Pleite gehen zu lassen, weil sie befürchten, dass ein solcher Bankrott auf andere schwache Länder wie Spanien, Portugal und Italien übergreifen könnte. Die Rechnung ist bisher weitgehend aufgegangen. Ein Land, das mit großen Teilen seiner Bevölkerung Leistungen fordert, ohne zu tatsächlichen Gegenleistungen bereit zu sein, sinkt auf einen unwürdigen Bettlerstatus herab.

Inzwischen haben sich andere Euro-Länder mit Hilfe der EU, des IWF und der EZB einem Sparkurs und Reformprogramm mit gutem Erfolg unterzogen. In Griechenland hingegen ist es nicht einmal gelungen, die Korruption mit ersten kleinen Erfolgen zu bekämpfen und die eklatante Steuerflucht und stark ausgeprägte Steuervermeidung mit einer Steuerstrukturreform in den Griff zu bekommen. Das mit umfangreichen Finanzhilfen und einem ersten Schuldenschnitt stark unterstützte Griechenland selbst hat "seine Reformen" auf dem Rücken des ärmeren Teils der Bevölkerung versucht und ist an der Unfähigkeit und Korruptheit seiner Politiker bisher gescheitert. Korrupte Politiker, Geschäftsleute und Bürger haben eine große kriminelle Energie und müssen von einer unabhängigen Justiz verfolgt werden. Bürger, die das Gemeinwesen durch Steuerflucht oder durch Steuervermeidung betrügen und diesen Staat an den Rand des Bankrotts treiben, verhalten sich unwürdig bis kriminell.

Wenn es vielen Bürgern aufgrund langjährig unzureichender Politik schlecht geht, dann kann man verstehen, dass sie ihr Leid klagen und gegen Sozialabbau protestieren. Von gebildeten und mündigen Bürgern einer Demokratie muss man aber auch verlangen, dass sie versuchen, sich ein objektives und selbstkritisches Urteil zu bilden. Das ist in Griechenland nicht zu beobachten. Mit unwürdiger Larmoyanz geben sie der EU, der Troika und natürlich Deutschland hasserfüllt die Schuld und verteufeln Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble mit Nazivergleichen. Ein teilweise widerliches und unwürdiges Verhalten unmündiger und fehlgeleiteter griechischer Bürger!

Und in der "Wiege der Demokratie" lassen sich über 30 Prozent der Bürger durch Linksradikale wie Tsipras durch völlig unrealistische und lügnerische Wahlversprechen vorgauckeln, dass Griechenland den größten Teil seiner Staatsschulden unter einer von ihm geführten Regierung nicht zurückzahlen müsse und die erforderlichen Kredite durch die EU auch ohne das vereinbarte Strukturreform-Programm gezahlt würden. Wie politisch dumm muss man sein, um solch einem offensichtlichen Wahlbetrug aufzusitzen. Aber es geht wohl zunächst um die eigene Tasche, denn es kam zu vier Milliarden Euro weniger Einnahmen kurz vor der Wahl in der Erwartung, dass bei Herrn Tsipras die ersten zarten Blüten einer Steuerehrlichkeit wieder zertreten werden. Solche Dummheit und solches Verhalten wären allerdings weniger unwürdig als ein eventuell inzwischen entwickelter griechischer Charakterzug, von anderen Leistungen zu fordern oder auch zu erpressen, ohne jemals ernsthaft zu Gegenleistungen bereit zu sein.

In dieser Lage haben die Griechen so gewählt, dass eine linksradikale Partei zusammen mit rechtsextremen Populisten eine Regierung bilden kann, von der sie erhoffen, dass sie mit bodenloser Arroganz und Frechheit von der EU und den Euro-Staaten immer wieder neue Zugeständnisse herausholen. Und Tsipras verspricht den von der EU "geknechteten Griechen" ihre Würde zurückzugeben. Eine große Zahl griechischer Bürger findet es jetzt offenbar gut, wenn der griechische Finanzminister Varoufakis ohne Rücksicht auf Verluste pokert, sich sachlichen Diskussionen verweigert und dafür zunächst lediglich ein Schuldenmoratorium ins Spiel bringt. Sie erkennen nicht, dass der ständig macho-grinsende, beleidigend sprunghaft und unsachlich sowie ohne aussagekräftige Finanzunterlagen daherredende und diskussionswürdige griechische Vorschläge verweigernde vermeintliche "Wirtschaftsexperte" Griechenland in die Sackgasse führt und in der EU isoliert. Varoufakis verspielt, zusammen mit Tsipras, als höchst unseriöser Verhandler die "Sache" der griechischen Bürger in der EU. Dass die mündigen griechischen Bürger ganz offensichtlich Spielregeln und Rechtsgrundlagen im Umgang mit den bisher solidarisch handelnden europäischen Partnern wenig Wert beimessen, stimmt traurig und spricht nicht dafür, dass den Griechen ihre "Würde" so schnell wiederbeschafft werden kann - von naiven, unerfahrenen und unverantwortlich agierenden Typen wie Tsipras und Varoufakis schon überhaupt nicht.

Finanzminister Schäuble sollte dem unwürdigen griechischen Spiel nicht nachgeben und an der Forderung "Keine Leistung ohne Gegenleistung!" konsequent festhalten. Und wenn der grüne "Haushaltsexperte" Kindler jetzt die Bundesregierung aufruft, ihre "sturköpfige und gefährliche Haltung" in der Griechenlandfrage aufzugeben, verhält er sich genauso dumm wie der grüne Fischer 1998 und genauso unwürdig wie der "Wirtschaftsexperte" Varoufakis.

Wer der Erpressung unwürdiger Partner zu Lasten der steuerzahlenden Bürger nachgibt, verliert selbst an Würde!

(18.02.2015)

 

 

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