Hans-Heinrich Dieter

Globale Bedrohungen   (14.03.2021)

 

In einem neuen Planungspapier warnt das Bundesverteidigungsministerium vor einer zunehmenden Bedrohung durch den Machtanspruch und die neuen militärischen Fähigkeiten von China und Russland. Während Peking dabei - auch mit dem Seidenstraßenprojekt - die „Absicherung der wirtschaftlichen Entwicklung und Gestaltung internationaler Ordnung entlang eigener Interessen“ im Auge hat, verfolgt Russland die „Destabilisierung und Schwächung der NATO als Handlungsmaxime“. Dabei überflügelt das nach Weltmachtstatus strebende China die ehemalige Weltmacht Russland zunehmend im Rahmen weltweiter Einflussnahme, unter anderem bezüglich Rüstungsverkäufen und Militärkooperationen.“

In diesem Zusammenhang sind die Kräfteverhältnisse interessant. China verfügt über zwei Millionen Soldaten, rund 6850 Kampfpanzer und 1600 Jagdflugzeuge. Darüber hinaus hat China die „weltweit größten konventionellen Raketenpotenziale“ – einschließlich Hyperschallraketen mit großer Reichweite von bis zu 2500 Kilometern – und baut seine nuklearen Fähigkeiten systematisch aus. Mit der Aufrüstung der Seestreitkräfte will China das erforderliche Kräftegleichgewicht schaffen, um im südchinesischen Meer seine Interessen auch aggressiv vertreten zu können. Und natürlich ist China zunehmend im Weltraum mit bemerkenswerten „weltraumgestützten Aufklärungs- und Wirkfähigkeiten“ aktiv. In dem Zusammenhang wird auch die Digitalisierung sehr stark gefördert, „um so kurz- und mittelfristig eine weltweite digitale Einflussnahme und langfristige Dominanz zu erreichen.“ Und in diese größte Armee der Welt will China im kommenden Jahr noch fünf Prozent mehr investieren und damit daraus auch eine Militär-Supermacht wird, ruft Staatspräsident Xi Jinping die Volksbefreiungsarmee dazu auf, ihre Kampfkraft zu stärken. Diese Entwicklung bereitet den Sicherheitspolitikern durchaus Kopfzerbrechen, und so ist im August 2021 die Entsendung der Fregatte „Bayern“ in den Indopazifik geplant, um zusammen mit den USA einer möglichen Blockade internationaler Seewege durch China entgegenwirken zu können.

Verantwortungsbewusste und realitätsbezogene deutsche Sicherheitspolitiker kennen die von Russland erzeugte neue „Kalter Krieg“-Lage. Aber besonders bemerkenswert sind „die Einführung von hochpräzisen, weitreichenden und kaum abfangbaren hypersonischen Wirkmitteln (Hyperschallraketen)“, die Bemühungen um eine „nuklearer seegestützter Zweitschlagfähigkeit“ und die mit hoher Priorität vorangetriebene „Modernisierung der 6375 Sprengköpfe des Kernwaffenpotenzials“. „Konventionelle russische Streitkräfte sind befähigt, zeitlich und räumlich begrenzt, Wirkungsüberlegenheit zu erzielen“, stellt das BMVg fest. Als Schwäche werden jedoch die „limitierten Fähigkeiten für weltweiten, durchhaltefähigen maritimen Einsatz“ und das Fehlen bewaffnungsfähiger Drohnen gewertet. Diese Entwicklung muss ernst genommen werden, denn Russland unter Putin hat die zeitweilige „Partnerschaft“ aufgekündigt und versteht sich als Gegner der westlichen Welt. Da wundert es nicht, dass Deutschland einer Untersuchung der Europäischen Union zufolge wie kein anderes EU-Land im Fokus russischer Desinformations-Kampagnen steht. Außerdem führt Russland Cyber-Attacken gegen EU- und NATO-Staaten aus, wird von den osteuropäischen Staaten als direkte Bedrohung eingeordnet und nutzt jede Gelegenheit, um die EU zu spalten. Die NATO hat die Befähigung der Mitgliedstaaten zur Bündnisverteidigung gemäß Artikel 5 des NATO-Vertrages also sehr begründet gefordert.

Die NATO und die EU müssen daher gegenüber Russland eine eindeutige und gemeinsame Politik vertreten. Denn Autokraten wie Putin missverstehen Entgegenkommen als Schwäche, die auszunutzen ist. Verhandlungserfolge in einem Dialog mit Russland wird es daher nur aus einer Position westlicher Geschlossenheit und Stärke geben. Da nutzt eine illusorische „strategische Autonomie“ einer außen- und sicherheitspolitisch auf nicht absehbare Zeit handlungsunfähige EU wenig!

Nur eine verstärkte Zusammenarbeit der NATO und EU in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik kann die transatlantische Sicherheit gewährleisten. Deswegen sollte die EU die NATO deutlicher, sichtbarer und wirkungsvoller unterstützen. Verschärfte Sanktionen können da ein wirksames Mittel sein, um Putin von weiteren Rechtsbrüchen abzuhalten. Und Deutschland muss unbedingt seine Einsatzfähigkeit zur Bündnisverteidigung wiederherstellen und sollte darüber nachdenken, ob es nicht zum Zusammenhalt der EU durch ein Moratorium beim Projekt Nordstream 2 beitragen und gleichzeitig Russland damit ein deutliches Zeichen geben sollte, dass seine aggressive, gegen die westliche Welt gerichtete Politik, verurteilt wird.

(14.03.2021)

 

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http://www.hansheinrichdieter.de/html/gegnerputin.html

 

 

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