Hans-Heinrich Dieter |
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EU-Mitglied Deutschland (25.05.2019)
Nach dem Grundgesetztag und vor den so wichtigen EU-Wahlen ist es hilfreich, auch diesbezĂŒglich noch einmal ins Grundgesetz zu schauen. Im Artikel 20 heiĂt es: (1) âDie Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“ (2) âAlle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeĂŒbt.“ Und im Satz (3) wird die Gewaltenteilung und gegenseitige Kontrolle geregelt. Im Artikel 23 heiĂt es zur EuropĂ€ischen Union: (1) âZur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der EuropĂ€ischen Union mit …“ (2) In Angelegenheiten der EuropĂ€ischen Union wirken der Bundestag und durch den Bundesrat die LĂ€nder mit. Die Bundesregierung hat den Bundestag und den Bundesrat umfassend und zum frĂŒhestmöglichen Zeitpunkt zu unterrichten.“ Und (3) âDie Bundesregierung gibt dem Bundestag Gelegenheit zur Stellungnahme … und …berĂŒcksichtigt die Stellungnahmen des Bundestages bei den Verhandlungen.“ Soweit zur verfassungsrechtlichen Theorie: Die Bundesrepublik Deutschland ist als parlamentarische Demokratie verfasst, es gilt die Gewaltenteilung, die Kontrollfunktion der Legislative ĂŒber die Exekutive sowie die UnabhĂ€ngigkeit der Judikative zur GewĂ€hrleistung des Grundrechtsschutzes der BundesbĂŒrger. Die politische RealitĂ€t hat sich in Deutschland leider anders entwickelt. Denn in unserer parlamentarischen Demokratie versagt das Parlament teilweise bei der im Auftrag des Volkes wahrzunehmenden Kontrolle der Regierung. Denn es sind heute die Parteien, die den politischen Prozess weitgehend beherrschen und nicht das Parlament. Man kann daher durchaus sagen, dass Deutschland als parlamentarische Demokratie in gewissem MaĂe zur Parteiendemokratie âverkommen“ ist. Das hĂ€ngt auch mit der langjĂ€hrigen Verantwortlichkeit der âVolksparteien“, teilweise in groĂen Koalitionen, zusammen. Die Regierungs-parteien haben ĂŒber ihre - einer strengen Parteidisziplin und rigidem Fraktionszwang unterworfenen – Abgeordneten- / Parteifreunde oder -genossen die Gewissheit, dass ihre jeweilige Regierungsabsicht im Parlament bestĂ€tigt – oder eher noch abgenickt, ja durchgewunken - wird. Das verhindert tatsĂ€chliche Diskussion und ein âdem Wohl des deutschen Volkes“ verpflichtetes Ringen der âfreien und nur ihrem Gewissen verpflichteten Volksvertreter“ um die jeweils beste Sachentscheidung, denn es geht derzeit vorwiegend nicht um das Wohl des deutschen Volkes, sondern eher um das Parteiwohl und das Verteidigen der jeweiligen Partei- oder Koalitionsmehrheit. Beispiele: Bei der selbstherrlich von Merkel 2011 entschiedenen - volksverdummend mit Fukushima begrĂŒndeten - Energiewende ohne Konzept und ohne jegliche Abstimmung mit der EU, hat das Parlament das Regierungshandeln nicht hinterfragt, sondern spĂ€ter abgenickt - zum erheblichen volkswirtschaftlichen Nachteil des deutschen Volkes. Im Herbst 2015 hat Merkel mit ihrer konzeptionslosen âWillkommenskultur“ FlĂŒchtlinge aller Art geradezu angelockt und damit die Krise verstĂ€rkt – eine grandiose politische Fehlleistung. Als dann auch Frau Merkel allmĂ€hlich – zwischen der Vielzahl von Selfies - aufgefallen ist, dass die menschenwĂŒrdige Behandlung und Versorgung sowie die Registrierung der schieren Zahl der ankommenden FlĂŒchtlinge von den ĂŒberforderten Behörden nicht zu bewĂ€ltigen war, hat sie, ohne RĂŒcksprache mit Ăsterreich, die Grenze schlieĂen lassen. Eine Absprache mit der EuropĂ€ischen Kommission oder mit EU-Partnern fand bei dieser einseitigen Aussetzung des Schengen-Abkommens nicht statt. Die EU und unsere Partner waren mit Recht ĂŒber diesen brutalen Richtungswechsel der deutschen Politik verwundert, enttĂ€uscht und verĂ€rgert. Hier wurde das Handeln Merkels dann endlich zu einer âbeispiellosen politischen Fehlleistung“! Das Parlament hat die Regierung Merkel weder kontrolliert noch korrigiert, sondern das selbstherrliche Handeln Merkels abgenickt und sich so im Hinblick auf den unverantwortlichen Kontrollverlust des Staates zum Schaden seiner BĂŒrger mitschuldig gemacht. Nahezu das gleiche Verhalten ist vor Gipfeltreffen der EU zu beobachten. Am Morgen des Gipfeltreffens gibt Merkel im Bundestag eine kurze – meist wenig sagende - RegierungserklĂ€rung ab, die dann von den nicht zeitgerecht informierten Abgeordneten mehrheitlich durchgewinkt wird – und so verstoĂen sowohl Merkel als auch viele Abgeordnete, und natĂŒrlich auch der ParlamentsprĂ€sident, der das zulĂ€sst, gegen den Artikel 23 des Grundgesetzes! Die parlamentarische Demokratie und die Gewaltenteilung im Sinne von âchecks and balances“ wird in Deutschland also nicht vollstĂ€ndig im Sinne des Grundgesetzes gelebt und mit diesem politischen Verhalten hat Deutschland nicht im Sinne des Artikels 23 an der Entwicklung der EuropĂ€ischen Union mit dem Ziel der âVerwirklichung eines vereinten Europas“ mitgewirkt, sondern zur Spaltung der EuropĂ€ischen Union beigetragen. Deutschland hat dringend erforderliche Absprachen mit der EuropĂ€ischen Kommission oder mit EU-Partnern nicht getroffen, EU-Abkommen verletzt, EU-Regeln gebrochen und meint dann auch noch mit erhobenem moralisierendem Finger SolidaritĂ€t einfordern zu können. Ein Irrglaube, wie sich gezeigt hat. Deutschland wurde einst bewundert, weil es sich vom âkranken Mann Europas“ in den frĂŒhen 2000er Jahren durch die âHartz-Reformen“ und durch Dezentralisierung der Lohnverhandlungen mit einer besonderen Struktur und Autonomie der deutschen Arbeitsmarktinstitutionen, die letztlich zu einer Steigerung der WettbewerbsfĂ€higkeit der deutschen Wirtschaft gefĂŒhrt haben, zu einem âökonomischen Superstar“ entwickelt hat. Heute verlangsamt sich das Wirtschaftswachstum deutlich; Deutschland hat bis heute die Energiewende nicht tragfĂ€hig organisiert, die Energiewende âtorkelt“ regelrecht vor sich hin; Deutschland verfehlt mit stĂ€ndiger RegelmĂ€Ăigkeit selbstgesetzte Ziele in der Klimapolitik und hĂ€lt sich auch hier, wie in der Sicherheitspolitik, nicht an Abmachungen und Vereinbarungen; Deutschland hat eine stark erodierende Verkehrsinfrastruktur, weil es ĂŒber Jahre nicht hinreichend investiert hat; die Indienststellung des deutschen Hauptstadtflughafens Berlin-Brandenburg verzögert und verteuert sich seit peinlich vielen Jahren; in Deutschland leben – oft sozial aufgefangen – groĂe Zahlen von schlecht integrierten Migranten tĂŒrkischer Abstammung in Parallelgesellschaften; in Deutschland âverdienen“ die Mafia sowie GroĂfamilien-Clans unterschiedlicher NationalitĂ€t und nicht selten muslimischen Glaubens ihr Geld – bis heute weitgehend unbehelligt - mit organisierter KriminalitĂ€t; die deutsche Autoindustrie hat massiv durch Betrug und offensichtliche kriminelle Energie an Vertrauen verloren, wird mit einer Flut von Gerichtsverfahren ĂŒberzogen und âMade in Germany“ ist kein wirklich glaubwĂŒrdiges Markenzeichen mehr; und auch groĂe deutsche Banken – allen voran die Deutsche Bank – haben lĂ€ngst keine weiĂe Weste mehr, verstehen sich nicht mehr als Finanz-Dienstleister um unseren Wohlstand zu nĂ€hren, sondern arbeiten mit hochriskanten GeschĂ€ften ausschlieĂlich fĂŒr ihren Profit und die Boni der VorstĂ€nde und mussten zu Lasten der Steuerzahler teilweise gerettet werden; in der EU hat Deutschland lĂ€ngst keinen guten Namen mehr, weil es in der Euro-Krise seine richtigen politischen VorschlĂ€ge nicht hinreichend erklĂ€ren konnte und so der reinen AusteritĂ€tspolitik – unter Heranziehen von Nazi-Vergleichen - bezichtigt wurde; und Deutschland hat auch im Zusammenwirken mit Frankreich als vermeintlicher âMotor der EU“ Vertrauen verspielt und aufgrund dominierenden Verhaltens Ablehnung erzeugt. Und vor diesem Hintergrund haben am 22.01.2019 Bundeskanzlerin Merkel und PrĂ€sident Macron in Aachen einen neuen deutsch-französischen Freundschaftsvertrag unterzeichnet. Dieser Aachener Vertrag – oder auch ĂlysĂ©e-Vertrag 2.0 - soll die deutsch-französische Zusammenarbeit wiederbeleben und die kĂŒnftige Entwicklung der EuropĂ€ischen Union positiv beeinflussen. Im Kapitel 1 âEuropĂ€ische Angelegenheiten“ des Vertrages heiĂt es im Artikel 1: âBeide Staaten vertiefen ihre Zusammenarbeit in der Europapolitik. Sie setzen sich fĂŒr eine wirksame und starke Gemeinsame AuĂen- und Sicherheitspolitik ein und stĂ€rken und vertiefen die Wirtschafts- und WĂ€hrungsunion. Sie bemĂŒhen sich um die Vollendung des Binnenmarkts, wirken auf eine wettbewerbsfĂ€hige, sich auf eine starke industrielle Basis stĂŒtzende Union als Grundlage fĂŒr Wohlstand hin und fördern so die wirtschaftliche, steuerliche und soziale Konvergenz sowie die Nachhaltigkeit in allen ihren Dimensionen.“ Das ist ein sehr guter alter Wein in etwas erneuerten SchlĂ€uchen, denn die Zusammenarbeit ist im ĂlysĂ©e-Vertrag von 1963 schon gut geregelt. Den anderen EU-Mitgliedern wird aber aufgefallen sein, dass es im ersten Satz heiĂt: âBeide Staaten vertiefen ihre Zusammenarbeit in der Europapolitik.“ Warum heiĂt es nicht: âBeide Staaten vertiefen gemeinsam mit dem EuropĂ€ischen Rat, dem EuropĂ€ischen Parlament, und der EuropĂ€ischen Kommission ihre Zusammenarbeit in der Europapolitik.“? So wird das Symbol âAachener Vertrag“ bei weitem nicht von allen der zukĂŒnftig noch 27 EU-Mitgliedstaaten positiv aufgenommen. Denn wenn sich die âAchse Deutschland-Frankreich“ oder selbst der heute erheblich stotternde und von FehlzĂŒndungen geplagte âeuropĂ€ische Motor Frankreich-Deutschland“ vehement zur âVerantwortung fĂŒr Europa“ bekennt, dann fĂŒhlen sich die kleineren Mitgliedstaaten - allen voran die eher national ausgerichteten Visegrad-Staaten – bevormundet. Keiner will sich heute mehr von (den inzwischen etwas lame ducks) Merkel und Macron vorschreiben lassen, was richtig oder falsch in der Europapolitik lĂ€uft. Dabei fehlt den 27 EU-Staaten ein tragfĂ€higer gemeinsamer Ansatz. Wer aber gegen spalterische Tendenzen und nationale AlleingĂ€nge kĂ€mpfen und zu gemeinsamen Konzepten und Lösungen kommen will, muss das mit der EU gemeinsam machen, denn die anderen 25 Mitgliedstaaten fĂŒhlen sich zu stark, um sich von Frankreich und Deutschland am kurzen ZĂŒgel reiten zu lassen. Die kĂŒnftige Entwicklung der EuropĂ€ischen Union kann nur gemeinsam positiv gestaltet werden, von einer reformierten EU mit einer handlungsfĂ€higen Kommission und von solidarischen, an den europĂ€ischen Werten orientierten Mitgliedern - Deutschland und Frankreich auf Augenhöhe mit den kleineren Mitgliedstaaten! Dazu mĂŒssen die richtigen Parteien und leistungsstarke politische Persönlichkeiten gewĂ€hlt werden. Europa und die EuropĂ€ische Union mĂŒssen ganz neu gedacht werden, das ist von einer âdeutsch-französischen Einheit“ allein nicht zu leisten – und angesichts der Spaltungsversuche sowohl von Putin wie auch von Trump sowie angesichts der globalen Herausforderungen ohnehin nicht. FĂŒr eine Weiterentwicklung von EU und auch des europĂ€ischen Teils der NATO haben EU und NATO ihre eigenen Gremien, in denen alle MitgliedslĂ€nder vertreten sind. In diesen Gremien und um die Reformen der EU können sich Deutschland und Frankreich durch sinnvolle Initiativen verdient machen! Deutschland sollte alles tun, um dem Artikel 23 des Grundgesetzes zu entsprechen: âZur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der EuropĂ€ischen Union mit …“. Und die deutschen BĂŒrger sollen ihrer Verantwortung gerecht werden und sich in groĂer Zahl und gut informiert an den EU-Wahlen beteiligen! (25.05.2019)
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