Hans-Heinrich Dieter

Erfolge des Terrorismus´ (05.01.2011)

 

Mitte November 2010, zeitgerecht vor der Innenministerkonferenz, geht Innenminister de Maizière mit der alarmierenden Information an die Öffentlichkeit, dass man „ernst zu nehmende Hinweise auf bevorstehende Terroranschläge habe. Womöglich, wahrscheinlich, passiere etwas sogar noch in diesem Monat. Und er fügte an, es sei nun die Zeit „für Sorgen und Wachsamkeit.

Was soll erreicht werden, wenn der Innenminister plötzlich und aufgeregt öffentlich von mutmaßlichen Anschlagsvorhaben islamistischer Gruppen in Deutschland spricht? Was wird von der Bevölkerung, die nun pauschal und „sich politisch absichernd informiert ist, erwartet? Wie soll die Bevölkerung zu ihrem Schutz beitragen? Was konkret sind Verdachtsmomente, die den Behörden zu melden wären? Auf solche Fragen gibt es keine konkreten Antworten.

Zunächst einmal wird das erreicht, was der Innenminister vermeiden sollte, die Bevölkerung wird allgemein verunsichert. Medien und Politik geben dann auch am 18./19.11. 2010 ein eindringliches Zeugnis alarmistischen und hysterischen Verhaltens ab und verstärken die allgemeine Verunsicherung.

Die Reaktionen auf diese Alarmierung sind unterschiedlich. Seit der Terrorwarnung patrouillieren stark bewaffnete Streifen der Bundespolizei auf Flugplätzen und Bahnhöfen. Mehr Beamte sind zwar nicht im Einsatz; durch die stärkere Bewaffnung der Kräfte stehe aber „eine erhöhte Feuerkraft zur Verfügung. Mit erhöhter Feuerkraft werden allerdings Präventionsmöglichkeiten und Aufklärungsergebnisse nicht verbessert. Am Flughafen Frankfurt gibt es keine längeren Kontrollen vor den Abflügen, Polizeibeamte werden allerdings sichtbarer im Vorfeld der Sicherheitskontrollen positioniert. Es heißt, dass die Gepäckkontrollen in Deutschland und der EU gut genug seien und nicht verschärft werden müssten. „Wir legen Wert darauf, dass aktuell keine Gefahr besteht, betont der Polizeichef. „Es gibt keinen konkreten Hinweis für den Flughafen Frankfurt“. Allerdings haben auf Bahnhöfen und Flughäfen in Deutschland die Bomben-Alarme seit der Terrorwarnung deutlich zugenommen. Sehr zahlreiche verdächtige Behälter und Gepäckstücke wurden angezeigt und führten zu Evakuierungen, zeitweiliger Sperrung von Verkehrsinfrastruktur, Verspätungen und Großeinsätzen mit erheblichem Personaleinsatz und hohen Kosten. Wenn Warnungen nicht konkret sind, erhöht das zwangsläufig die Anzahl von falschen Alarmen.

Aus diesen Erfahrungen sollte man an sich den Schluss ziehen, dass Warnungen immer aufgrund konkreter Informationen und Sachverhalte ausgesprochen werden sollten und dementsprechend Sicherheitsmaßnahmen kalkuliert, erkenntnisbezogen und mit Augenmaß zu erhöhen sind. Die Bevölkerung darf erst dann einbezogen werden, wenn konkrete Maßnahmen ergriffen werden können und die Bevölkerung konkret zu ihrem Schutz beitragen kann.

Jede Aufregung, jedes Anzeichen von Hysterie und jede Überreaktion tragen nicht zur Abschreckung von Terroristen bei, sondern sind Erfolge der Terroristen. Die Terroristen wollen verunsichern, sie wollen Organisationen und Dienste lahmlegen, überstrapazieren und blockieren. Die Terroristen ergötzen sich an der erkennbaren, hochgezüchteten Angst von Bürgern und Politikern. Deswegen sind sie auch erfolgreich, ohne dass es zu dem für Ende November angekündigten Anschlag gekommen ist.

Und sie bleiben erfolgreich. Denn zur Auslösung eines Alarms gehört auch die Beendigung dieses Alarms, wenn die Lage sich geändert hat. Weder hat der Innenminister die Bevölkerung über die Entwicklung der Bedrohung auf dem Laufenden gehalten, noch hat er die pauschale und allgemeine Terrorwarnung konkretisiert oder räumlich eingegrenzt, abgesehen von den Maßnahmen zur Absicherung des Bundestages. Die Bevölkerung ist also weiterhin und unverändert alarmiert und lebt – wenn es nach den Terroristen geht – weiterhin und unverändert in „Angst und Schrecken. Durch unzureichendes politisches Verhalten erleichtern wir diesen Verbrechern das Erreichen von Teilen ihrer Ziele.

Da ist es positiv, dass die Bevölkerung insgesamt sehr viel gelassener reagiert hat als die Politik und die Medien. Der Reiseverkehr wurde eher durch den früh einsetzenden Winter beeinträchtigt als durch die Terrorwarnung des Innenministers. Die Weihnachtsmärkte verzeichneten, insbesondere an den Glühweinständen, keine Einbrüche. Das hat aber auch sehr negative Seiten. Die Bevölkerung nimmt den nächsten allgemeinen und pauschalen Terroralarm des Innenministers noch weniger ernst. Eine daueralarmierte Bevölkerung stumpft außerdem ab und die Polizeibeamten „mit erhöhter Feuerkraft gehen zur Routine über. Daraus ergeben sich dann zum richtigen Zeitpunkt gesteigerte Wirkungsmöglichkeiten bei Anschlägen und größere Erfolgswahrscheinlichkeiten für die Terroristen.

In der Terrorabwehr müssen wir ganz offensichtlich professioneller und besser werden!

 

(05.01.2011)

 

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