Hans-Heinrich Dieter

Deutsches Weltraumkommando?   (14.07.2021)

 

Die Bundeswehr erfüllt derzeit in einem Dutzend Auslandseinsätzen erfolgreich und wertgeschätzt militärische Aufträge und trägt bei Großübungen der NATO teilweise maßgeblich zum Erfolg bei. Außerdem zeigte die Führung der „Very High Readiness Joint Task Force”, VJTF, in 2019, dass die Bundeswehr Landes- und Bündnisverteidigung noch kann – allerdings nicht aus homogenen Strukturen heraus. Die Soldaten erfüllen ihre Aufträge professionell aber unter meist erschwerten Bedingungen – mit zusammengeliehenem Material und personell zusammengestellten Kontingenten. Doch das ist nicht Schuld der Streitkräfte, sondern das Ergebnis jahrelanger Unterfinanzierung, des unorganisierten Aussetzens der Wehrpflicht sowie der Personalreduzierung der Streitkräfte im Rahmen der unsäglichen „Friedensdividende“. Die Streitkräfte haben für das geforderte Wiederherstellen der Einsatzfähigkeit nach NATO-Kriterien bis 2031 ein gebilligtes Konzept. Der Verteidigungshaushalt 2021 sowie die dazugehörige mittelfristige Finanzplanung 2022-24 machen das Erreichen dieses Zieles aber finanziell erneut unmöglich. Denn es fehlt die für das Gewährleisten einer Vollausstattung erforderliche, finanziell abgesicherte Planbarkeit! Das spricht nicht für verantwortungsbewusste Sicherheitspolitik, denn es geht um nicht weniger als um die Wiederherstellung der Vertrauenswürdigkeit Deutschlands als NATO-Bündnispartner – und das muss Priorität haben!

Kürzlich hat Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer Eckpunkte zur “Bundeswehr der Zukunftverkündet. Also steht erneut eine kostenintensive Reform ins Haus. Der Zeitpunkt ist sehr unpassend so kurz vor Bundestagswahlen mit unvorhersehbaren Koalitionsentwicklungen. Und der Zeitraum für das Anlaufen von Reformbemühungen ist auch unglücklich, denn Stäbe und Truppe hatten gerade den Rückzug aus Afghanistan zu bewältigen und dazu kommen noch die vielfältigen Corona-Aktivitäten sowie die zahlreichen Auslandseinsätze. Auch stellt sich die Frage, ob diese Reform überhaupt begründet ist. Bisher hat man die „Eckpunkte“ im Parlament noch überhaupt nicht hinreichend diskutiert und die Kommunikation in die Öffentlichkeit sowie in Parlament und Politik war so grottenschlecht, dass sogar die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag lautstark unzufrieden war und an der Qualifikation von AKK gezweifelt hat. Die Ministerin verspricht im Eckpunktepapier „Mehr Truppe, weniger Stäbe“, um die Bundeswehr zukunftsfähiger zu machen. In der Realität wächst das Verteidigungsministerium und der Nachwuchs bleibt aus! Denn seit 2015 stieg die Zahl der Dienstposten im BMVg von 2176 auf 2933 (+35%) und die Zahl der Soldaten in den Streitkräften wuchs lediglich um 3,7%. Vielleicht sollte man zunächst pragmatisch mit der Straffung des Ministeriums beginnen – mehr Qualität als Quantität!

Und nun wurde nach dem sehr kostspieligen Aufbau des Kommandos Cyber- und Informationsraum, das die Aufgaben Cyber, IT, Strategische Aufklärung, Geoinformationswesen und Operative Kommunikation wahrnehmen soll, ein deutsches Weltraumkommando zur Weltraumaufklärung und zum Schutz kritischer Infrastruktur Deutschlands im All aktiviert. Das bedeutet: Ein zusätzlicher Stab in einer zusätzlichen Liegenschaft mit derzeit fünfzig diensttuenden Soldaten – hauptsächlich in Stabsfunktionen, die auf 250 Dienstposten anwachsen sollen. Die Freiheit Deutschlands soll also mit hohem Kostenaufwand zukünftig auch im Cyberraum und im Weltall verteidigt werden - allerdings wie immer durch unsere naiv-pazifistische Nation ausschließlich defensiv!

Bisher hat Deutschland seine Weltraumaufklärung vor allem von unserem amerikanischen NATO-Bündnispartner bezogen. Auf dem US-Luftwaffenstützpunkt in Ramstein wird gegenwärtig auch ein Space Center der NATO aufgebaut und es gibt bereits NATO-Dienststellen, die sich mit Cyberkriegführung befassen. Darüber hinaus hat die NATO beim letzten Gipfel in Brüssel im Juni festgelegt, dass auch bei Konflikten in der vierten Dimension der Beistandsfall nach Artikel 5 des Nato-Vertrags möglich sein soll. Auf offensive Fähigkeiten will die Allianz im Weltall allerdings zunächst verzichten, ist allerdings auch schon offensivfähig.

Da stellt sich doch die Frage nach den Prioritäten. Wir wollen doch mit der NATO und ihrer Führungsmacht USA stärker und besser zusammenarbeiten. Die NATO und die USA haben Cyber- und Weltraumkapazitäten, zu denen Deutschland beitragen kann. Da Deutschland ohnehin offensive Maßnahmen scheut wie der Teufel das Weihwasser – und sowohl Putin als auch China das genau wissen – geht von den neuen deutschen Kommandos noch nicht einmal eine glaubhafte Abschreckungswirkung aus. Da wäre eine enge Verzahnung deutscher Beiträge zu Cyber- und Space-Aktivitäten der NATO kostengünstiger, effektiver und sogar durch Artikel 5 des NATO-Vertrages abgesichert. Da brauchen wir keinen „AKK in the space moment!“

Alle erforderlichen Investitionen sollten verlässlich in die Wiederherstellung der Bündnisverteidigung der Streitkräfte bis 2031 fließen!

(14.07.2021)

 

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