Hans-Heinrich Dieter

Cyber-Operationen der Bundeswehr   (28.04.2016)

 

Die Bedrohung durch Cyberkriminalität wächst ständig, Cyber-Operationen sind Teil hybrider KriegsfĂĽhrung und offensive sowie defensive Cyber-Aktionen sind heute schon Bestandteil moderner konventioneller KriegsfĂĽhrung. Die Bundesrepublik und die Bundeswehr haben mit der Cyber-Entwicklung nicht Schritt gehalten. Deswegen ist es gut, dass fĂĽr unsere Streitkräfte nun ein „Fähigkeitszuwachs fĂĽr Cyber-Operationen“ geplant ist.

Verteidigungsministerin von der Leyen will innerhalb der nächsten 5 Jahre neben den bisherigen Teilstreitkräften Heer, Luftwaffe, Marine und den militärischen Organisationsbereichen Sanität und Streitkräftebasis den neuen Organisationbereich "Cyber-Informationsraum" (CIR) aufstellen. Es soll eine CIR-Abteilung mit 300 Mitarbeitern im Ministerium geben und ab April 2017 den CIR-Organisationsbereich unter der Führung eines Inspekteurs mit etwa 13.500 Soldaten und zivilen Mitarbeitern.

Wir kennen jetzt Zahlen und haben organisatorische Grundinformationen, was die Truppe in unterschiedlichen Konflikt-, Krisen-, Kriegs- und Gefährdungslagen leisten können soll, wissen wir nicht. Da darf man auf die Offenlegung der konzeptionellen Grundlagen gespannt sein. An sich kommen ja Zielsetzung und Konzeption immer vor der Organisation.

Die Bundeswehr hat bisher weitgehende Cyber-Expertise im Zusammenhang mit IT-Sicherheit, Abwehr von Cyberattacken und im Bereich der militärischen und nachrichtendienstlichen Aufklärung. Diese Fähigkeiten sind bisher dezentral organisiert und werden nun zentral zusammengefasst. Die Zentralisierung von den räumlich unabhängigen militärischen Cyber-Fähigkeiten in einem neuen Organisationsbereich kann die Leistungsfähigkeit der Streitkräfte im „Cyber-Informationsraum“ tatsächlich stärken. Es gibt aber nicht nur Vorteile.

Die Streitkräfte sind derzeit aufgrund jahrelanger Unterfinanzierung nur eingeschränkt einsatzbereit und haben die „Neuausrichtung der Bundeswehr“  noch nicht zum Abschluss gebracht. Seit 2000 wird die Bundeswehr ständig reformiert und umstrukturiert. Die Strukturreform 2010 war finanziell nicht unterlegt und deswegen unzureichend. Der von Verteidigungsminister de Maizière initiierte Versuch, die Streitkräfte neu auszurichten, ist bisher auch deswegen wenig erfolgreich geblieben, weil es auch ihm nicht gelungen ist, die Unterfinanzierung der Bundeswehr zu beenden. Die Aufstellung eines neuen Organisationbereiches bedeutet eine neuerliche tiefgreifende Reform in der laufenden Reform. Das allein ist von der stark belasteten Bundeswehr nicht einfach zu verkraften. Eine Umstrukturierung kostet auch immer Geld und das bei weiterhin andauernder Unterfinanzierung. Denn die geplante Steigerung des Verteidigungshaushaltes 2017 um 1,7 Mrd. auf 36,6 Mrd. Euro und die schrittweise Erhöhung bis 2020 auf 39,1 Mrd. Euro bleiben weit unter den Forderungen der Ministerin zur Deckung des von ihr selbst festgestellten allgemeinen, „riesigen Modernisierungsbedarfs“. Und nicht das geringste Problem wird die Gewinnung und Ausbildung des erforderlichen IT-Personals in der nötigen Qualität sein. Die Marine kann mit einigen Einheiten heute schon nicht auslaufen, weil technisches Fachpersonal nicht verfĂĽgbar ist.

Deswegen wäre das Problem sicher auch zu lösen gewesen, wenn der „Fähigkeitszuwachs fĂĽr Cyber-Operationen“ zunächst in der Streitkräftebasis, wo bisher die meiste Expertise fĂĽr Cyber-Operationen angesiedelt ist, vorangetrieben wĂĽrde und die dann erforderlichen weiteren Optimierungen nach Vorliegen aller konzeptionellen Grundlagen schrittweise und den sich in der Cyberwelt schnell ändernden Anforderungen angepasst veranlasst wĂĽrden. In der heutigen schnelllebigen Zeit sind schrittweise Optimierungen häufig personalschonender und kostengĂĽnstiger als der groĂźe Wurf einer „schicken“ neuen Organisation, der ggf. ĂĽber lange Zeit die erforderlichen Fachleute fehlen.

(28.04.2016)

 

 

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