Hans-Heinrich Dieter

Belastende Türkei!   (13.10.2020)

 

Die EU fällt in ihrem neuesten Fortschrittsbericht zur Türkei ein vernichtendes Urteil. Da heißt es unter anderem: „Die Türkei bewegt sich nach wie vor immer weiter weg von der Europäischen Union und verzeichnet ernsthafte Rückschritte mit Blick auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Grundrechte und der Unabhängigkeit der Justiz. Die anhaltenden Verhaftungen von Oppositionsführern, Menschenrechtsaktivisten, Journalisten, Mitgliedern der Zivilgesellschaft und von Akademikern im Rahmen der umfassenden Anti-Terror-Gesetzgebung ist zutiefst besorgniserregend.“ Und im Hinblick auf Menschenrechte und unabhängige Justiz stellt die EU fest: „In der Türkei setzte sich die Verletzung von Menschenrechten unvermindert fort und diejenigen, die sich für Menschenrechte einsetzten, wurden häufig verhaftet.“ … „In der Türkei haben sich die ernsthaften Rückschritte, die seit dem Putschversuch 2016 zu beobachten waren, fortgesetzt. Politischer Druck und die Versetzungen einer großen Anzahl von Richtern und Staatsanwälten gegen ihren Willen gingen weiter und unterminierten somit die Unabhängigkeit der türkischen Justiz. Es besteht weiterhin große Sorge mit Blick auf die mangelnde systemische Unabhängigkeit der Justiz, wozu auch die Errichtung eines Parallelsystems von sogenannten Friedensrichtern gehört“.

Hier wird sehr deutlich, dass der türkische Präsident Erdogan die europäischen Werte zunehmend verachtet und die Türkei mit dem fortschreitenden Abbau demokratischer Rechte von der EU immer weiter wegführt. Man kann die Türkei inzwischen nicht mehr als demokratischen Rechtsstaat bezeichnen!

Zudem „kollidiert die türkische Außenpolitik zunehmend mit den EU-Prioritäten einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)“, heißt es in dem Bericht. Konkret wirft die EU-Kommission Ankara in diesem Zusammenhang im östlichen Mittelmeer „illegale Aktionen und provokative Statements“ gegenüber Zypern vor. Darüber hinaus befindet sich die Türkei in einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen kurdische Syrer in Nordsyrien und hat die Souveränität des Irak mehrfach durch Militäraktionen gegen Kurden im Nordirak verletzt. Die Beispiele zeigen, dass sich Erdogan für keinen Affront und keine Provokation zu schade ist. Das muss die Chancen für einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union deutlich verschlechtern, denn Erdogan demonstriert nahezu täglich, dass er zu einer Partnerschaft mit der EU nicht bereit oder fähig ist!

Im Fortschrittsbericht kritisiert die EU-Kommission die türkische Regierung auch deutlich dafür, dass sie im März 2020 „Migranten und Flüchtlinge aktiv ermutigt hat, die Landroute nach Europa durch Griechenland zu nehmen.“ Erdogan hat sich damals als politischer Erpresser geoutet! Erfreulicherweise hat die EU Haltung gezeigt und sich auch dadurch als souverän erwiesen, dass sie die von Erdogan in Bewegung gesetzten Flüchtlingstrecks an der griechischen Grenze auch mit Kräften der EU-Grenzschutzagentur Frontex unter Kontrolle gebracht hat.

Die Türkei unter Erdogan ist nicht EU-tauglich! Der EU-Fortschrittsbericht ist ein guter Anlass und eine taugliche Grundlage, endlich reinen Tisch zu machen und die Beitrittsgespräche zu beenden. Man muss der Türkei jetzt deutlich sagen, dass es keine türkische Mitgliedschaft in der Europäischen Union geben wird!

Die mehrfach gespaltene und strukturell nur eingeschränkt handlungsfähige EU muss sich zukunftsorientiert reformieren – die Türkei wäre da eine nicht zu verkraftende Belastung!

(13.10.2020)

 

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http://www.hansheinrichdieter.de/html/eu-untauglichetuerkei.html

 

 

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